Geht es nach dem Willen der Magistrats, wird der Galopprennsport Ende 2015 in Frankfurt nach über 150 Jahren Geschichte sein. Die am Freitag veröffentlichte Pressemitteilung zum Bau des DFB-Leistungszentrums ist beschämend. Der Rennverein, der Rennsport werden dort nicht mit einer Silbe erwähnt.
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Dabei sind es doch die Grünen, die immer wieder von kultureller Vielfalt sprechen, die den Schutz von Minderheiten und Randgruppen, ganz gleich welcher Art und Herkunft sie auch immer sein mögen, einfordern und dies an vielen Stellen im Parteiprogramm formuliert haben. Traditionen müssen bewahrt werden, denn die Kenntnis der Historie ist erforderlich, um die Zukunft zu gestalten. Aber ganz offensichtlich gilt dies für die Grünen nur dann, wenn es Randgruppen und Minderheiten sind, die in das Weltbild der Grünen passen.
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Bürgermeister Cunitz als der oberste Repräsentant der Grünen im Frankfurter Römer hat dies in in der Art, wie es in der Pressemitteilung formuliert wurde, sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Institutionen und Sportarten, die nicht in das Grünen-Weltbild passen, müssen eben beiseite und drei Schritt zurück treten, wenn es von Multi-Kulti gefordert wird. Sie werden auch nicht um Ihre Meinung gefragt, sie erhalten kaum die Möglichkeit, eine Stellungnahme abzugeben, sie haben sich einfach zu fügen! Ich möchte jetzt keine historische Parallele ziehen, das möge jeder für sich selber machen.
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Es werden die Schulden thematisiert, die der Rennverein angeblich bei der Stadt hat, die ausstehenden Zahlungen an den Rennverein werden dabei aber gar nicht erwähnt. Ich nenne bewußt keine Summe, weil die Zahlen mir nur vom Hörensagen bekannt sind. Ich stelle diese Zahlen aber trotzdem wieder in Relation zu den 38 Mio, mit der die Frankfurter Oper jährlich subventioniert wird stelle dazu die Frage, mit welchen Summen andere Großveranstaltungen wie Marathon etc. Jährlich subventioniert werden.
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Ich habe mich in der Frage, ob das Rennbahngrundstück einmal im Eigentum von Frankfurts großer Gönner-Familie v. Weinberg war, sehr weit aus dem Fenster gelehnt. Es war im Rennsport quasi eine feststehende Tatsache, daß die Rennbahn einmal Weinberg-Besitz war und daß sie im Rahmen der Enteignungen jüdischen Besitzes 1938 in den Besitz der Stadt gelangt ist. Es gab bisher keinen Anlaß, diese “historische Aussage”, die immer wieder einmal durch mündliche Überlieferung bestätigt wurde, zu bezweifeln.
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Man mag einwenden, daß man das hätte prüfen müssen, bevor man es in der von mir betriebenen Art öffentlich kommuniziert. Auch dieser Einwand ist richtig, aber bei dem von der Stadt vom Zaun gebrochenen “Blitzkrieg” war dies leider aus zeitlichen Gründen kaum möglich und zweitens ist es nicht so einfach, mal eben die Grundbücher auf frühere Eigentümer zu prüfen. Das Grundbuch gibt ja nicht nur Auskunft über die Eigentümer eines Grundstücks, sondern enthält vielfältige Informationen, aus denen auch Informationen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Eigentümers geschlossen werden können. Auch deswegen ist das Grundbuch nicht allgemein zugänglich. Man muß ein berechtigtes Interesse nachweisen, um Einblick zu erhalten.
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Herrn Dr. Alexander von der FAZ, der am 21. März einen Artikel auf der Webseite der FAZ veröffentlicht hat, in dem er diese Thematisierung der Rennbahnenteignung aufgegriffen hat, sei deswegen von meiner Seite ausdrücklich zugesichert, daß dies nicht in falscher Absicht geschah, sondern der lediglich den zuvor beschriebenen Umständen und Informationen geschuldet ist.
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Wolfgang Niersbach als Präsident des DFB hat erklärt, daß er andere Sportarten nicht verdrängen möchte, aber als ihm die Rennbahn angeboten wurde, habe er natürlich nicht abgelehnt.
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Reden und Handeln scheint beim DFB sehr unterschiedlich zu sein. Nach Informationen in diversen Medien soll die Bauplanung fast fertig sein. Ein solches Großprojekt plant man nicht in kurzer Zeit, dafür ist ein Vorlauf von mindestens einem Jahr erforderlich. Während dieser Zeit hat der DFB absolutes Stillschweigen bewahrt, hat keinen Kontakt mit dem Rennverein gesucht und damit auch nicht die Möglichkeit einer Nutzung durch beide Sportvereine zur Diskussion gestellt.
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Der Fußball. ist heute die dominierende Sportart in Deutschland, was sich auch in der Fernsehberichterstattung niederschlägt. Andere Sportarten wie Einshockey oder Handball etc. sind immer weniger medienpräsent.
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Was nützt da die Aussage von Präsident Niersbach, daß man andere Sportarten nicht verdrängen möchte. Man tut es täglich, ob bewußt oder unbewußt ist dabei egal. Die Fakten sind eben anders, als Präsident Niersbach glauben machen möchte. Und für den Galoppsport in Frankfurt und damit in Hessen trifft das jetzt in besonders drastischer Weise zu. Mit einem Federstrich will der DFB eine bedeutende deutsche Rennbahn, die einzige in Hessen zur Geschichte machen. Über 150 Jahre Geschichte sollen nicht mehr präsent sein. Alte Rechte interessieren nicht – gewachsene Strukturen interessieren nicht. Wenn es dem DFB gefällt, müssen andere Sportarten weichen, einen Schritt beiseite treten und Platz machen für “König” Fußball. Sportdarvinismus im frühen 21. Jahrhundert, wie es dem DFB gefällt?
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Der Sport in Deutschland lebt von seiner Vielfältigkeit, von den großen Massensportarten und von weniger Populären Sportarten. Dabei dürfte der Galoppsport in Deutschland nach dem Fußball die meisten Zuschauer der Dauerveranstalter sein. Monokulturen waren immer schädlich, das weiß jeder Landwirt. Eine gewisse Zeit hat man damit Erfolg, aber wenn der Boden kippt und dann noch die Kultur von einem Schädling befallen wird, dann ist es vorbei. Der Fußball tut deswegen gut daran, andere Sportarten nicht vollständig zu verdrängen.
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Es bleibt das Erbe der Weinbergs. Nach die inzwischen hier vorliegenden Informationen war die Rennbahn nie im Weinberg-Besitz gewesen und es gibt auch keine diesbezüglichen Verfügungen über eine zukünftige Verwendung des Geländes. Herrn Dr. Alexander von der FAZ sei an dieser Stelle ausdrücklich Dank für die investierte Zeit zur Klärung des Sachverhalts ausgesprochen. Es war seit Freitagnachmittag ein sehr erfrischender und fruchtbarer Mailwechsel, in dem die verschiedenen Grundstücke der Weinbergs geklärt wurden.
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Für einen Vollblutmann waren die Weinbergs erst einmal die Herren auf Waldfried, die mit Festa gleich zu Beginn ihrer züchterischen Karriere eine Superstute gekauft haben und damit großen züchterischen Erfolg hatten. Den züchterischen Erfolg Waldfrieds und den Einfluß auf die deutsche Vollblutzucht kann man nicht mal eben beschreiben, dieser war schon Gegenstand verschiedener Bücher.
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Darüber hinaus waren die Weinbergs auch Gönner der Stadt Frankfurt und sie hatten jüdische Wurzeln. Auch das war mir bekannt. Welchen Umfang diese Gönnerschaft aber hatte, ist erst deutlich geworden, als ich mich im Zuge der Rennbahnaffäre etwas intensiver damit beschäftigt habe. Die Summen und die Vielzahl der Aktivitäten der Weinbergs sind so umfassend, daß man auch sie her nicht in einem kurzen Abschnitt “mal eben” beschreiben kann. Durch ihren wirtschaftlichen Erfolg waren Sie nicht nur ein großer Arbeitgeber in Frankfurt, sondern sie sorgten auch für eine kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung der Stadt. Herausragend war ihr Engagement bei der Gründung der Universität. Die Gesellschafter von Cassella, die Familien Weinberg und Gans gaben als Gründungskapital die damals enorme Summe von 1,6 Mio Mark damaliger Währung. Rechnet man diesen Wert – ziemlich vereinfacht – mit dem Jahreseinkommen der Arbeiter im produzierenden Gewerbe auf heutige Verhältnisse hoch, dann kommt man auf die enorme Summe von rund 46 Mio Euro. Als Einzelspende von den Weinbergs für die Gründung der Uni!
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Frankfurt hatte wohl kaum einen größeren Gönner als die Familie v. Weinberg, aber nach dem Krieg tat man sich erst mal schwer mit diesem Erbe. Die Grundstücke wurden zwar zurück gegeben, was mit den Industriebeteiligungen geschah, konnte nicht ermittelt werden. Jedenfalls waren die Weinbergs erst einmal nicht mehr wohlhabend, denn sie konnten die zurück gegebenen Grundstücke nicht mehr in Besitz nehmen, weil sie die von der Gemeinde erhobenen Grundsteuern nicht bezahlen konnten, so eine Quelle im Internet.
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Es dauerte dann bis 2010 bis der Wissenschaftler Dr. Arthur von Weinberg seine Straße bekam.
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Aber nicht nur in Niederrad ist Weinbergs Erbe und Ihre Leidenschaft für den Rennsport in Frankfurt noch allgemein bekannt. Die Pferde, die Vollblutzucht und der Galopp-Sport waren die große Leidenschaft der Gebrüder Weinberg – und auch ohne Namen ist die Rennbahn ein Platz, der darauf hinweist.
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Schließlich geht es noch um den Galopprennsport nicht nur in Frankfurt. Den Galoppsport plagen viele Probleme. Teilweise sind sie hausgemacht, teilweise auch durch staatliche Vorgaben. Nach der Neureglung im Sportwettenbereich sollte der Rennsport einen Steueranteil auf in Deutschland angenommene Pferdewetten erhalten. Eine entsprechende Regelung ist bis heute noch nicht formuliert.
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Bei allen Problemen muß auch erwähnt werden, daß der Rennsport als Dauerveranstalter in Deutschland nach dem Fußball wohl den größten Zuschauerzuspruch hat und weltweit eindeutig die Nummer 1 ist!
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Zu den guten Zeiten wurden in Erinnerung an die Größen des Rennsports vergangener Tage zur Erinnerung Memorials gelaufen. Das Weinberg Memorial ist in Frankfurt letztmalig 2000 als wichtiges Rennen gelaufen worden. Damals wurden die Rennpreise vor allem aus den Wettumsätzen bezahlt und der Rennverein konnte frei bestimmen, welchen Titel ein Rennen trug. Vor allem für die besser dotieren Zuchtrennen ist man heute auf Sponsoren angewiesen und die wollen dann natürlich auch im Titel erscheinen. Aus finanziellen Gründen ging damit ein eigentlich wichtiger Teil der eigenen Traditionspflege verloren.
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Natürlich sind viele interne Fehler gemacht worden. Man hat viel zu spät auf Veränderungen regiert, hat sich auch von anderen Wettanbietern die Butter vom Brot nehmen lassen, was einen Einbruch bei Rennpreisen und Anzahl der Rennen in Deutschland zur Folge hat. Aber man beginnt, die Hausaufgaben zu machen. Und im Moment ist im Sport die Stimmung so gut, wie sie schon lange nicht mehr war. Entscheidend ist, daß die Wettumsätze wieder besser werden und das mehr Sponsoren gewonnen werden können.
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Der Frankfurter Rennclub war besonders gebeutelt. Wichtige Sponsoren vielen weg und es drückten die Schulden aus dem Tribünen-Neubau. Der Hotelbau kam nicht voran und es gab viele andere Probleme – eben die allgemeinen Probleme des Galoppsports in Deutschland.
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Der neue Verein soll auf gutem Wege sein. Öffentlich wird kommuniziert, daß im letzten Jahr keine Verluste entstanden seien. Das läßt auch auf eine Erweiterung des Rennbetriebs für die Zukunft hoffen, mehr Renntage, mehr Präsenz in den Medien und eine bessere Nutzung der Anlage.
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Schließlich bleibt noch die Rennbahn. Inzwischen hat sich eine Bürgerinitiative gegründet, die für den Erhalt “ihrer “ Niederräder Rennbahn kämpfen will. Die Rennbahn ist im Stadtteil nicht nur Sportarena, sondern eben auch eine Grünfläche in der Innenstadt, weitgehend frei zugänglich und auch der Platz lokaler Veranstaltungen in Niederrad. Dies würde weitgehend wegfallen, wenn der DFB dort seine Paläste baut!
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Bisher hat es nur eine Absichtserklärung von DFB und Stadt gegeben. Beide Parteien sollten sehr dringend noch einmal überdenken, ob sie wirklich 150 Jahre Tradition mal eben wegwischen wollen!!