2. Juni 1954

Mittwoch, D-Day auf den Downs von Epsom. Favorit war Rowston Manor mit 5/1 aus dem Stall von F W Dennis und geritten von D. Smith. Landau aus dem Stall der Königin stand 100/7 bei den Buchmachern. Rowston Manor wurde Siebter, die königlichen Farben gingen als Achter über die Linie. Es sollte der erste ganz große Erfolg des gerade 18 Jahre alten Lester Piggott werden.

Große Rennen hatte der junge Reiter aus einer Rennsport-Dynastie schon vorher gewonnen. 1951 ritt er, gerade einmal 15 Jahre “alt” mit Mystery IX den Sieger in den Eclips Stakes von Sandown. Damals wie heute gehörte das Rennen zu den bedeutendsten Rennen Englands. Seine Visitenkarte hat er in Epsom ebenfalls 1951 abgegeben, als er mit Zucchero die Blue Riband Trial Stakes gewann, ein Jahr später wurde der von Piggott gerittene Gay Time Zweiter im Epsom Derby und 1953 ritt er mit Zucchero den Sieger im Coronation Cup in Epsom. Seinen ersten Royal Ascot Sieger ritt er ebenfalls 1953 mit Absolve in der Gold Vase (heute Queen’s Vase).

Ein Unbekannter war Lester Piggott schon damals nicht mehr. Es sind nur wenige Jockeys, die in so jungen Jahren schon Sieger in den bedeutenden Rennen des englischen Turfs geritten haben.

Das Epsom Derby galt damals wie heute als eines oder als das wichtigste Rennen der Welt. An jenem Mittwoch im Juni 1954, heute vor 60 Jahren ritt Lester Piggott mit Never Say Die seinen ersten Sieger im Derby. 33/1 zahlte der Wettmarkt für den Außenseiter, die längste Quote, die es jemals auf einen Piggott-Sieger im Epsom-Derby gab, zwei Längen – Hals lautete der Richterspruch. Acht weitere Epsom-Derbys sollten folgen und Teenoso war 1983, fast 30 Jahre nach seinem ersten Erfolg sein letzter Sieger im Epsom-Derby. Kein anderer Jockey hat bisher mehr Sieger im englischen Derby geritten und vielleicht ist sein Rekord mit neun Siegern sogar für die Ewigkeit.

Heute gilt Lester Piggott als einer der Besten oder vielleicht sogar der Beste Jockey aller Zeiten und Länder. Er perfektionierte den von Todd Sloan “erfundenen” Hocksitz, schnallte sich die Bügel früh kürzer, als alle anderen Jockeys und stand mit waagerechtem Oberkörper über dem Pferd und auch als seine Kollegen ihn kopierten und die Bügel ebenfalls kürzer schnallten, blieb sein Stil einmalig. In jedem Feld konnte man Piggott am Reitstil erkennen.

Er war ein Genius im Sattel, der als sehr starker Finish-Reiter galt. Unvergessen für mich das Derby 1977, das er mit The Minstrel gegen Hot Grove mit Bill Carson im Sattel gewann. Das Derby wurde damals Live im Deutschen Fernsehen übertragen, es war ein Finish auf Biegen und Brechen und erst ganz zum Schluß brachte Piggott The Minstrel in Front. Aber eigentlich war sein viel größere Genius seine enorme Übersicht im Rennen und das Gefühl, das er für das Pferd hatte. Er wußte, wieviel “unter ihm” noch im Tank war. Als er mit Nijinsky 1970 das Leger in Doncaster gewann und die Triple-Crown perfekt machte, forderte er Nijinsky zweimal mit der Peitsche auf und lange bevor er in Front war, steckte er die Peitsche wieder weg und ritt mit den Händen nach Hause – lange vor der Linie spürte er, daß es reicht. Kaum ein Reiter heute würde das machen, lieber die Peitsche “zur Hand” haben, wenn es doch nicht reichen sollte oder eng werden könnte.

Der weitere Weg von Piggott als Jockey ist tausendmal beschrieben, schon bald Legende und hat mehrere Bücher gefüllt – aber heute vor 60 Jahre war der erste ganz große Sieg für den damals jungen Reiter fällig und der “Maestro” ist inzwischen auch schon 78 Jahre alt.

Derby 1954

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