Andrea Glomba ist Pferdewirtin und war 15 Jahre aktiv im Rennsattel. Seit geraumer Zeit ist sie Tierschutzbeauftragte für die Renntage in Saarbrücken. In einem offenen Brief wendet sie sich an die verantwortlichen Personen beim Norddeutschen Rundfunk wegen der NDR-Dokumentation “45 Minuten” am 15. Mai 2017.
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Sehr geehrte Frau Denz,
ich hoffe einmal, dass Sie diese Mail durchlesen und es nicht einfach eine Standard Antwort gibt. Wenn ich mich erst einmal vorstellen darf: Mein Name ist Andrea Glomba. Ich bin 38 Jahre alt und von Beruf Pferdewirt. Genau gesagt habe ich den Schwerpunkt des Rennreitens gelernt. 1995 habe ich begonnen in diesem Beruf zu arbeiten und ich bin ihm, wenn auch nur noch Nebenberuflich, immer noch treu. 15 Jahre habe ich aktiv Rennen geritten. An absolvierten Rennen waren es um die 1000. Gewonnen habe ich etwas mehr als 100 davon.
Seit 20 Jahren bin ich im Tierschutz aktiv. Früher sehr aktiv im Bereich der Pferdehilfe, habe mich dort aber Stück für Stück zurückgezogen. Denn: die größten Abgründe habe ich im Freizeitbereich erlebt und die Möglichkeit zu helfen sind dort, gelinde gesagt, begrenzt.
Die Zeit bis Veterinärämter eingreifen ist deutlich zu lange und Pferde beschlagnahmen wird aufgrund der hohen Folgekosten so gut wie nie getan.Von daher musste ich für mich selbst die Entscheidung treffen, in dem Bereich kürzer zu treten und meine Kraft den Bereichen zu widmen, in denen ich etwas erreichen kann.Natürlich stehe ich aber nach wie vor auch dem Pferdeschutz zur Verfügung.Vor 3 Jahren habe ich meine Laufbahn als Rennreiter beendet. Seitdem reite ich nur noch Pferde im Training und hospitiere derzeit bei der Rennleitung um auch in diesem Bereich später dem Rennsport aktiv beizuwohnen.
Ausserdem bin ich Tierschutzbeauftragte für die Renntage in Saarbrücken Güdingen.
Nun meine Meinung zu Ihrer Reportage im Fernsehen:
Ich bin, wie übrigens 90% meiner Bekannten im Rennsport, weder der Ansicht, dass bei uns alles rosig läuft, noch, dass es bei uns ausnahmslos Tierfreunde gibt. Es wäre schön, dies behaupten zu können, aber das ist Wunschdenken. Es gibt überall schlechte Menschen und wird es auch immer geben.
Ich fände es auch nicht gut, wenn wir behaupten würden, dass es in unserem Sport keine Unfälle gäbe. Und leider Gottes, kann ein Pferd, welches sich im Rennen vertritt und sich etwas bricht nicht gerettet werden. Zum einen da ein angebrochener Knochen aufgrund der hohen Geschwindigkeit meist umgehend durchbricht, bevor man das Pferd anhalten kann, zum anderen ist es bei Pferden kaum möglich ein gebrochenes Bein zu reparieren. Es wurde schon oft und mit vielen finanziellen Mitteln versucht, endete aber meist mit dem Tod des Pferdes durch Kolik aufgrund der langen Stehzeit.
Trotzdem ist es pietätlos, wenn, nur um gute Bilder zu haben, gezeigt wird, wie ein Pferd sich das Bein bricht und, schlimmer noch, damit weiterläuft. Solche Bilder könnten zumindest verpixelt werden. Jedes dieser verunglückten Pferde hatte Menschen hinter sich, die um es trauern und diese Bilder nicht unbedingt nochmal sehen müssten.
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Was mich aber am meisten stört, ist, dass der eigentliche Pressekodex überhaupt nicht eingehalten wurde.
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Falls Ihnen dieser nicht bekannt ist, nenne ich Ihnen hier die von mir bemängelten Punkte:
1.Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde:
Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse. Jede in der Presse tätige Person wahrt auf dieser Grundlage das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Medien.
Wurde dies eingehalten? Nein!
Denn:
Sie behaupten, dass Ihre Recherchearbeit eine ganze Saison (bzw 6 Monate) dauerte. In Wirklichkeit waren Sie aber gerade mal 3 Tage am Rennstall Recke und einen Tag auf der Rennbahn in Krefeld unterwegs. Das Bildmaterial, welches Sie verwendet haben ist teilweise mehr als 15 !! Jahre alt. Denn direkt in der Eingangssequenz bin zufälligerweise ich auf einem Rennpferd zu sehen, welches bereits vor mehr als 10 Jahren als Reitpferd abgegeben wurde (dort aber leider vor mehreren Jahren aufgrund einer Kolik verstarb). Der Besitzer der Rennfarben verstarb im Jahr 2002! Seiddem wurden diese Farben auch nicht mehr in Rennen getragen! Weshalb also so eine alte Sequenz?Auch die Aufnahmen mit den Zungenbändern (welche ja bei jedem Rennen auf mind einem Pferd genutzt wurden) sind mehrere Jahre alt.
Und Zungenbänder werden zB kaum noch genutzt heutzutage. Auch finde ich es befremdlich, dass Ihre Reporter einen der Rennställe besucht, der das Glück hat über große Weiden zu verfügen (wo auch die Trainingspferde täglich mehrere Stunden verbringen), diese Weiden sogar filmt, im Bericht dann aber darauf hinweist, dass keine Weiden zur Verfügung stünden? Nun ja…
Widmen wir uns Punkt
2. Sorgfalt
Recherche ist unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt. Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafik sind der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden. Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche erkennbar zu machen. Symbolfotos müssen als solche kenntlich sein oder erkennbar gemacht werden.
Wurde von Ihnen gründlich recherchiert? Nein!
Denn:
Der Großteil der Reportage stützt sich auf Behauptungen einer Frau B. Der Name dieser Frau ist mir schon seit mehreren Jahren ein Begriff. Denn sie hatte bereits über ein Online Forum versucht Spenden für Ihre Pferde zu sammeln und dort die Geschichte Ihres Pferdes “Aspantau” geschildert. Damals war er allerdings nicht, wie im Film hier bösartig, sondern Zitat “war er trotz allem ein freundlicher Genosse, der immer versucht einem ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern”. Nachzulesen unter folgendem Link: http://chevalie.de/das-stille-leiden-der-rennpferde/
Da auf ihre Geschichte mehrere Leute reagiert haben, die das Pferd kannten und konkrete Nachfragen stellten, wurde alles schnell wieder gelöscht. Ich hatte auch Kontakt per PN mit dieser Frau. Sie wollte mir Befunde schicken um zu beweisen, wie schlimm Aspantau dran ist. Leider kam hier nichts mehr. Frau B erklärte auch, dass sie Kontakt mit den Vorbesitzern aus Irland hatte. Eine Lüge, wie schnell bewiesen ist.
Auch die Fotos, wie sie Aspantau angeblich bekommen hat.. Wie kann es sein, dass ein Pferd mit einem aktuellen Foto inseriert ist und 3 Tage später mit langem Fell und deutlich abgemagert bei seiner Besitzerin ankommt, welche gerade mal ein paar Kilometer weiter weg wohnt?
Frau B. hat ein (mit Ausnahme eine Sehnenschadens) kerngesundes Pferd für einen Spottpreis bekommen, da die Besitzer einfach nur wollten, dass er in guten Händen unterkommt. Was dann passiert ist, entzieht sich unserer Kenntnis. Laut ihrer eigenen Aussage bekam er nach dem Abnehmen eine Belastungsrehe. Davon ist in späteren Berichten nichts mehr zu hören. Zumal auch unverständlich wäre, weshalb man einem Vollblüter, bei denen bekannt ist, dass sie empfindliche Hufsohlen haben, einfach die Eisen abnimmt und sie auf eine Koppel stellt..
Nun zu Punkt
3. Richtigstellung
-Veröffentlichte Nachrichten oder Behauptungen, insbesondere personenbezogener Art, die sich nachträglich als falsch erweisen, hat das Publikationsorgan, das sie gebracht hat, unverzüglich von sich aus in angemessener Weise richtigzustellen.
Hierzu haben Sie ja noch Gelegenheit.
weiter geht es bei Punkt
4. Sensationsberichterstattung und Jugendschutz
Die Presse verzichtet auf eine unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt, Brutalität und Leid. Die Presse beachtet den Jugendschutz.
Pferde zu zeigen, die mit einem baumelnden Bein herumlaufen ist definitiv eine unangemessene Darstellung von Leid. Natürlich sind diese Unfälle passiert und brauchen nicht verborgen zu werden. Aber so zu zeigen?Über Ihren zweiten Interviewpartner muss man nicht viel sagen. Dr Pick könnte nur selbst einmal darauf hinweisen, wie viele Rennen er geritten hat, wie gerne er die Peitsche einsetzte und welche anderen Reitsportmodelle seine Gunst hatten. Erst als er selbst diesem Hobby nicht mehr nachgehen konnte, begann er damit zu kritisieren.
Wir brauchen nicht darüber zu diskutieren, das ein Sport mit Pferden auch immer einen Teil zu Lasten den Tieres geht. Dies hat aber nichts mit dem Rennsport alleine zu tun, sondern beginnt schon bei den Freizeitpferden, die viel zu oft ohne genügend med. Betreuung oder von zu schweren und/ oder unwissenden Menschen gehalten werden.
Der Rennsport hat in den vergangenen Jahren sehr viel Zugeständnisse an den Tierschutz gemacht! Dies wurde von keiner ! anderen Pferdesportart getan oder überhaupt nur in Erwägung gezogen.
Wenn Sie eine wirklich neutrale Recherche hätten bringen wollen, hätten Sie darauf eingehen können. Erwähnen, wie viele Pferde nach ihrer Karriere im Rennsport ein langes Leben als Reitpferd gestartet haben oder aber wie das Leben in einem Rennstall für ein Pferd wirklich ist.Gerne stehen wird jederzeit für Sie zur Verfügung! Sie nennen Tag und Ort und ich selbst werde mit einem Trainer einen Termin ausmachen, so dass wir dort vorbeifahren und Sie eine Reportage machen können, die authentisch ist.
Genauso stehe ich Ihnen für Nachfragen bzw auch für Bildmaterial und Berichten von Ex Galoppern zur Verfügung. Und zwar nicht geschönt, sondern authentisch.
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Glomba