Es ist seit langem ein offenes Geheimnis, daß es mit der PR des DVR und der Außendarstellung des Sports insgesamt nicht zum besten steht.
Andreas Tiedtke als neues geschäftsführendes Vorstandsmitglied des DVR erhielt einige Vorschußlorbeeren, was den Bereich offene Kommunikation innerhalb und außerhalb des Rennsports betrifft. So wurde erstmalig die Pressekonferenz zum Jahresbericht des DVR Live im Internet übertragen.
Und schon passiert die erste Panne. Der Rennsport braucht mehr TV-Präsenz und das nicht in irgendwelchen Nischenkanälen, sondern bei den großen Sendern. Zu diesem Thema stellte Andreas Tiedtke fest, daß über solche langweiligen Sportarten wie Dressurreiten und Springreiten sehr ausführlich berichtet wird und der viel interessantere Galopprennsport im Fernsehen mehr Senderaum bekommen muß.
Die Reaktion in der Reitsport-Presse ließ nicht lange auf sich warten. Stellvertretend sei hier der Kommentar in der April-Ausgabe der Reiter-Revue zitiert:
“Die Zeiten, in denen der Reit- und Galopprennsport, konkret die beiden Dachverbände Deutsche Reiterliche Vereinigung und Direktorium für Vollblutzucht und Rennen, im Schulterschluss die Interessen des Pferdesports vertraten, sind längst vorbei. Nur noch alte Verbandsfunktionäre erinnern sich an die gemeinsame Lobbyarbeit in Politik und Wirtschaft, heute hat man sich nichts mehr zu sagen. Wie sehr das Tischtuch zwischen Beiden zerrissen ist, machte jüngst die Jahrespressekonferenz des Galopperverbandes deutlich. Andreas Tiedtke, seit Januar neuer Geschäftsführer des Direktoriums, wetterte gegen die schwache Präsenz des Rennsports in den Medien und sagte wörtlich: “Es gibt so viele furchtbare Pferdesportarten, die so etwas von langweilig sind – wie Springen und Dressur -, und wenn ich dann sehe, daß selbst ein 23. Platz irgendeiner Dressurprüfung in einer überregionalen Zeitung dargestellt und gefeiert wird, dann muß es doch möglich sein, wenn ein deutsches Pferd quasi in der Champions League des internationalen Rennsports im Ausland ein Gruppe I- oder II Rennen gewinnt, das mit einem Bild dort zu platzieren.” Dem könnte man entgegen halten: Ein Dachverband, der sich den Luxus erlaubt, seine Pressearbeit einzustellen und kaum noch Kontakt zu überregionalen Medien pflegt, der braucht sich nicht wundern, wenn Zeitungen und Fernsehen ihr Interesse an einer Sportart verlieren, die aufgrund der dramatischen Rückgänge im Wettgeschäft finanziell vor dem Kollaps steht. Vielleicht sollten die Damen und Herren des Direktoriums mal ein Praktikum bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung absolvieren. Da kann man erstens lernen, wie Medien- und Sponsorenkontakte gepflegt werden, und zweitens auch mal schauen, ob Dressur und Springen wirklich “so etwas von langweilig” sind…
Der nächste Vogel wurde vom Wettberater des Direktoriums, Herrn Zellmann abgeschossen. In einer hitzig geführten Leserbriefdebatte mit dem BDI-Hauptgeschäftsführer Dr. Gröhner führte er unter anderem aus:
- die Pferdewette ist kein zeitgemäßes Produkt mehr
- die Pressearbeit des Direktoriums ist unterirdisch
Ich verstehe die Position und die Aufgabe Zellmanns so daß man sie mit einem Produktmanager aus Industrie vergleichen kann. Es mutet deswegen mehr als sonderbar an, wenn sich der Produktmanager über das von ihm zu vermarktende Produkt in dieser Weise öffentlich äußert. Da dies weder vom Präsidenten noch vom Hauptgeschäftsführer des DVR öffentlich korrigiert wurde, muß man dies als die herrschende Meinung in Köln sehen.
Pferdewetten sind keineswegs nicht mehr zeitgemäß, sondern ein hochaktuelles und interessantes Produkt, das besonders in Frankreich große Wachstumsraten verzeichnet. Der “Berater” wäre deswegen gut beraten einmal bei seinem französischen Kollegen zu gucken, wie sie dort das Produkt im Markt plazieren und erfolgreiche Geschäfte generieren.
Seiner Äußerung über die Qualität der Pressearbeit des Direktoriums kann man allerdings uneingeschränkt zustimmen. Sein Statement zur Pferdewette ist ein Beispiel für die unterirdische Darstellung des Rennsports in der Öffentlichkeit.
Nicht zu vergessen ist auch die Zeit, als Zellmann in verantwortlicher Position bei der BGG tätig war. An eine besonders gute Außendarstellung des Rennsports in dieser Zeit kann ich mich jedenfalls nicht erinnern. Er hatte damals ebenfalls eine unterirdische Pressearbeit zu verantworten.
Nachdem das Tischtuch mit den Warmblütern sehr gründlich zerschnitten wurde, werden in der neuen Presseerklärung vom 12. April zum Glücksspielstaatsvertrag deutliche Abgrenzungen zu den Traber formuliert. Das Direktorium und die Rennvereine als gemeinnützige Organisationen werden mit Winrace, der Vermarktungsgesellschaft der Traber verglichen. Das ist ganz einfach falsch. Das Pendant zum Direktorium ist der HVT und Winrace ist das German Racing der Traber.
Von den Eskapaden des German-Racing-Redakteurs bei Facebook einmal ganz zu schweigen. Er verglich die Traber mit einem Bauchladen für Bürstenwaren und den Galoppsport mit dem KaDeWe. Kritische Postings wurden gelöscht. Blanke Zensur gegen “Systemkritiker”. Sieht so die moderne Öffentlichkeitsarbeit des Galoppdachverbandes aus?
Der Galoppsport befindet sich zweifelsohne in einer wirtschaftlich oder politisch sehr schwierigen Situation. Naheliegend wäre es doch, möglichst viele Allianzen mit Sportverbänden zu schließen, die gleiche oder mindestens ähnliche Interessen haben. Es hat noch nie geschadet, Nicht nur in schwierigen Situationen auf die Hilfe von Verbündeten setzen zu können.
Das Direktorium hingegen betreibt inzwischen eine Politik, die es mehr und mehr isoliert. Ob man damit die Interessen des Galoppsports gegenüber der Politik und auch gegen die mächtigen Lobbyverbände der anderen Sportverbände durchsetzen kann?
Eine stärkere und intensivere Außendarstellung des Galoppsport des ist dringend vonnöten. Das erste Quartal, die ersten 100 Tage des neuen Hauptgeschäftsführers sind allerdings nicht dazu angetan, in dieser Richtung Gutes zu erwarten.