Vor zwei Wochen lud die Frankfurter Neue Presse (FNP) zur Podiums-Diskussion über die Zukunft zur Rennbahn ins Rennbahnzelt ein. Das Zelt war voll besetzt und fest in Rennbahnhand. Trotzdem war die Stimmung angenehm entspannt. Rebekka Unrath als Sprecherin der Bürgerinitiative vertrat die Interessen der Rennbahn und der Anlieger. Markus Frank die Interessen der Stadt und DFB-General Helmut Sandrock die des DFB. Einzig Markus Frank stand massiv unter Druck, er wurde vom Publikum ausgebuht, unter Applaus als Lügner bezeichnet und mußt viel wegstecken. Helmut Sandrock war sehr bemüht, den DFB positiv darzustellen, was ihm eigentlich auch gut gelang.
Aus dem Publikum wurden viele Argumente für den Erhalt der Rennbahn vorgetragen. Und es waren viele Argumente, die keinen direkten Bezug zum Galopp-Sport hatten. Es waren Niederräder, die “ihre” Rennbahn einfach mögen und für die die Rennbahn ein Stadtteil prägendes und nicht wegzudenkendes Element ist.
Der Frankfurter Journalist Horst Reber stellte es aus dem Publikum fest, daß aus dem Streit zwischen Stadt und Rennverein der DFB der eigentliche Verlierer ist, der doch gar nichts dazu könne. Nach dem Verlauf der Veranstaltung mußte man ihm uneingeschränkt zustimmen.
Gestern hatte die Frankfurter Rundschau in die Innenstadt zur zweiten Podiumsdiskussion eingeladen. Für einen Ortsfremden war die Fahrt zum Veranstaltungsort beeindruckend. Die Stadt war mit Pro-Rennbahn-Plakaten gepflastert Man konnte fast meinen, daß da soviel Plakate hingen, wie alle Parteien zusammen zu einer Landtagswahl in der Stadt aufstellen. Dominierendes Motiv war ein Photo von 2014 aus Brasilien mit Sepp Blatter und Wolfgang Niersbach in fröhlicher Eintracht.
Im Haus am Dom war die Stimmung von Beginn an frostiger und aufgeladener. Georg Leppert nannte zu Beginn der Diskussion ein paar Zahlen, z. B. daß aktuell rund 23.000 Briefwahlunterlagen angefordert worden seien und daß es rund 499.000 Wahlberechtigte gibt. Zusätzlich saß die SPD-Ortsvorsitzende Stefanie Then, eine absolute Rennbahnbeführworterin auf dem Podium.
DFB-General Sandrock beschwerte sich über die Plakatierung und das Photo von Blatter und Niersbach. Wolfang Niersbach sei, so führte er aus, ein absolut integere Mann und es ist ehrverletzend, ihn mit diesem Photo in die Nähe von Blatter zu rücken. Diese Kritik ist unverständlich, schließlich ist es ein Photo von 2014, also zu einer Zeit, in der außerhalb des Fußballs schon offen über die Korruption bei der Fifa gesprochen wurde und die Tagespresse veröffentlichte aktuell nach der Fifa-Tagung in Zürich den lächelnden Blatter und den lächelnden Niersbach nach Niersbachs Wahl in das Exekutiv-Komitee, also nach den Verhaftungen in Zürich und es wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, daß es sich um aktuelle Photos handele. Egal, was Sandrock sagt, Niersbach und Blatter haben offensichtlich ein sehr entspanntes, vielleicht sogar freundschaftliches Verhältnis zueinander. Was das über Niersbachs Integrität aussagt, möge jeder selbst beurteilen.
Die Stimmung war angespannt und der zuletzt locker plaudernde Sandrock war gar nicht mehr locker und entspannt, sondern bissig und angespannt. Dazu war der Saal wieder fest in Pro-Rennbahn-Hand, der Fußball hatte es versäumt, ein paar Claqueure anzuheuern, um Stimmung für die Ballsportler zu machen. Man fühlte sich sicher.
Die Diskussion auf dem Podium war auch von Parteipolitik geprägt, wer wann was wo gesagt hat und im Rat nicht ausreichend informiert hat. Aber es wurden auch interessante Aspekte genannt. Interessanterweise bezeichnet SPD-Frau Then den Golfsport als Breitensport und CDU-Mann Prinz zu Löwenstein diesen als Elitär. Verkehrte Welt!
Sandrock bemühte sich, die soziale Verantwortung und die große Bedeutung des Projektes für Fußball-Deutschland zu vermitteln und das der DFB in Frankfurt nichts geschenkt bekommen habe. Daß der DFB in NRW vom Land rund 18 Mio Zuschuß für das Fußball-Museum und das kostenfrei von der Stadt Dortmund zur Verfügung gestellte Grundstück.
Frank rechtfertigte immer wieder den Preis und berief sich dabei auf den Gutachterausschuß. Das ist zwar richtig, aber er hätte auch feststellen müssen, daß bei der Nutzungsänderung von Wiese auf Bauland eine Neubewertung erforderlich ist, was natürlich nicht erfolgte. Es sei für Frankfurt wichtig, daß der DFB in der Stadt bleibe, so Frank. An dieser Stelle sei erwähnt, daß die Deutsche Börse, mit verschiedenen Wünschen an die Stadt heran getreten war, kein Entgegenkommen erfuhr. Wenn es der Börse in Frankfurt nicht gefalle, könne sie ja wegziehen, was diese dann auch tat und den Geschäftssitz nach Eschborn verlegte. Damit fehlten Frankfurt 50 Mio bei der Gewerbesteuer. Darüber wurde kein Wort verloren, aber der DFB ist ja sowas von wichtig für die Stadt.
Es war eigentlich das gleiche Bla-Bla wie zu letzt auch, wie wichtig der DFB für Frankfurt ist und wie streng die Regeln für die allgemeine Nutzung des Grundstücks seien und wie schlecht der Pferderennsport in Frankfurt ist und das da alles schief laufe. Und wie toll das Projekt für den Fußball sei und diese unheimlichen Synergie-Effekte, die der Fußball habe, daß man jetzt die Schiedsrichterausbildung von Köln nach Frankfurt holen könne. Die Plätze seien zwar nicht allgemein zugänglich aber man könne in den Fan-Shop gehen und in der Cafeteria einen Cafe trinken. Meine Güte, haben die Kerls Phrasen gedroschen. Fürchterlich!
Interessante Wortmeldungen gab es aus dem Publikum. Ein Besucher stellte fest, daß man viermal Weltmeister ohne Akademie geworden sei und daß dies der Beweis für die Überflüssigkeit der Akademie sei. Es gab wieder viel Lokalkolorit, die Menschen aus Niederrad wollen die Rennbahn und nicht das nicht mehr zugängliche DFB-Zentrum
Dr. Rahn von der Römer-Fraktion im Römer stellte auf Basis der vom DFB genannten Gewerbesteuerzahlungen fest, daß dieser bei einer jährlichen Gewerbesteuerzahlung von 4 Mio EUR einen Gewinn von 33 Mio Euro jährlich machen würde und dies nicht gemeinnützig sei.
Auf die Frage, wie man sich denn fühle, wenn man die älteste Sportanlage Frankfurts und eine bei den Bürgern beliebte Einrichtung vernichten würde, antwortete Sandrock, daß es ein Beschluß der Gremien sei und daß er dabei keine Gefühle habe. Der vor 14 Tagen noch sympathische Sportsmann wurde zum teflonbeschichteten Apparatschik!
Dann platzte die Bombe. Manfred Hellwig erhielt das Wort. Er war sichtlich bewegt und konnte teilweise das Micro nicht richtig halten. Er verlas teilweise selbst, teilweise durch Graf Solms, den derzeitigen Schatzmeister des Rennclubs die folgende Erklärung:
Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Name ist Manfred Hellwig. Ich bin heute hier erschienen, um vor dem Hintergrund der heutigen Presseberichte ein paar Dinge klarzustellen. Ich war seit der Insolvenz des früheren Renn-Klubs 2009 stets um den Erhalt und Fortbestand der Galopprennbahn bemüht. Dies zunächst als aktives Mitglied, später als Gesellschafter der Frankfurter Hippodrom GmbH und gleichzeitig als Präsident des heutigen Frankfurter Renn-Klubs. Das Amt des Präsidenten habe ich im August vergangenen Jahres an meinem Nachfolger Manfred Louven in gute Hände übergeben.
Ich habe mich seitdem nicht mehr öffentlich zu den Vorgängen auf der Galopprennbahn geäußert und habe darüber hinaus schwerwiegende Anschuldigungen von offiziellen Vertretern der Stadt Frankfurt stillschweigend zur Kenntnis genommen. Hiermit ist heute Schluss.
Besonders gravierend und ehrverletzend sind die Anschuldigungen des Sport-, Wirtschafts- und Ordnungsdezernenten Herrn Markus Frank sowie des Fraktionsvorsitzenden der CDU, Herrn Löwenstein. Sie gipfeln darin, dass der Eindruck erweckt wurde, ich hätte als Geschäftsführer der Hippodrom GmbH und Präsident des Frankfurter Renn-Klubs Verpflichtungen aus Verträgen mit der Stadt nicht erfüllt, „oberwindige Begründungen“ gefunden um Miete und Nebenkosten nicht zu leisten. Dies entspricht ausdrücklich und nachweislich nicht der Wahrheit.
…
Mein Anliegen war es vom ersten Tag an den Renn- und Galoppsport in Frankfurt autark zu machen und dafür Sorge zu tragen, dass keine öffentlichen Mittel mehr benötigt werden um den Betrieb in die Zukunft zu führen. Dies ist mir aus heutiger Sicht auch mehr als gelungen. Hierfür habe ich persönlich gegenüber der Insolvenzverwalterin Frau Hövel eine Kosteneinstandserklärung sowie gegenüber den Vertretern der Stadt eine Garantie zur Veranstaltung von den von ihr gewünschten mindestens 5 Renntagen abgegeben. Wie der Abschlussbericht der Insolvenzverwalterin Frau Hövel zeigt, konnten insbesondere durch meine Mithilfe und Bereitstellung von Finanzmitteln, Einnahmen in Höhe von € 1,16 Mio. gesichert werden, die zu 90 % an die Stadt als Hauptgläubigerin ausgeschüttet wurden. Dabei wurden ausdrücklich nicht die Einnahmen durch die Bestellung des Erbpachtrechtes, was zur damaligen Zeit dem Renn-Klub gehörte, mit angerechnet. Hieraus sind der Stadt weitere € 7 Mio. zugeflossen. An dieser Stelle möchte ich nicht versäumen, denjenigen danke zu sagen, die mich jahrelang bei dem Neuaufbau unterstützt und begleitet haben.
Ihnen Herr Frank will ich folgendes sagen: Sie haben es versäumt drei sich hervorragend ergänzende Sportarten Fußball, Galopp- und Golfsport miteinander zu vereinen. Anstelle alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen und in welcher Form auch immer eine gemeinschaftliche Lösung der Koexistenz zu suchen haben sie mit Falschaussagen, Polemik und Intrigen alle Sportler gegeneinander aufgebracht.
……
Der zwischen der Stadt Frankfurt und mir vereinbarte Kaufvertrag über die restlichen Anteile an der Hippodrom GmbH beinhaltet gleichzeitig ein Rücktrittrecht zu meinen Gunsten.
Unter § 5 letzter Absatz heißt es: Herr Manfred Hellwig ist berechtigt von diesem Vertrag zurückzutreten, wenn die Stadt nicht bis zum 31. Dezember 2014 die verbindliche Erklärung gegenüber dem Frankfurter Renn-Klub e.V. abgibt, die Frühjahrs- und Herbstpreise der Stadt Frankfurt in dem selben Umfang wie in den Jahren zuvor, für die Rennsaisons 2013 und 2014, finanziell zu unterstützen. Diese Verpflichtung haben Sie weder fristgerecht erklärt noch eine in entsprechender Höhe von € 52.500,- gerichtete Zahlung dem Frankfurter Renn-Klub zur Verfügung gestellt.
Von diesem Rücktrittsrecht mache ich hiermit Gebrauch.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Graf Solms versicherte, daß weder die entsprechende Erklärung beim FRK eingegangen sei, noch eine entsprechende Zahlung. Der in der Erklärung genannte Passus des Vertrages ist eindeutig und es ist eindeutig ein Verschulden der Stadt, die wiederholt Ihrer Verpflichtung gegenüber dem Rennverein nicht nachgekommen ist und damit dieses Mal ein ganz furchtbares Eigentor geschossen hat. Dezernent Frank erklärte ganz schnell, daß wenn die Stadt Verpflichtungen nicht erfüllt habe, man dieses natürlich nachholen werde. Ein Besucher stellte direkt fest, daß man eine Erklärung nicht ein halbes Jahr später noch termingerecht abgeben könne.
Manfred Hellwig überreichte Markus Frank dann noch die Rücktrittsurkunde vom Kaufvertrag und verließt den Saal. Entweder haben Frank und Sandrock die Situation nicht wirklich erfaßt oder sie überspielten das eigene Entsetzen geschickt. Es gab auf dem Podium kein Schlußwort mehr: Sandrock verließ den Saal schon fast flüchtend und Dezernent Frank beeilte sich auch, den Ort des Geschehens zu verlassen.
Jedenfalls haben sich die Pläne für die DFB-Akademie auf der Rennbahn erledigt und zu vertreten hat das alleine die Stadt, denn sie hat die im Kaufvertrag über die Hippodrom GmbH vereinbarten Auflagen nicht erfüllt. Jetzt wird eine Entschädigungszahlung von 900.000 EUR von der Stadt an den DFB fällig, weil das Grundstück nicht wie vereinbart zum 1. Januar 2016 übergeben werden kann. Ob und welche zusätzlichen Schadensersatzzahlungen bei der Stadt und beim DFB noch fällig werden, bleibt abzuwarten und wird wohl teilweise nicht öffentlich werden.
Die Frankfurter Stadtregierung bestehend aus SPD (Oberbürgermeister) und schwarz-grüner Mehrheit im Rat aber auf ganzer Breite versagt. Es bleibt zu hoffen, daß die Parteien Konsequenzen ziehen und viel Köpfe rollen werden.
Am 18. Juni feiert Europa den 200. Jahrestag von Waterloo. Für den unrasierten Westentaschen-Ersatz-Napoleon und die restliche Frankfurter Stadtspitze muß das Datum leicht korrigiert werden. Das Waterloo von Frankfurt ist der 3. Juni 15.