Auf der Webseite der Vereinigung Schweizer Vollblutzüchter habe ich den nachfolgend verlinkten Aufsatz über die Prävention von Verletzungen gefunden. Der Autor ist Hanspeter Meier
Es werden verschiedene Aspekte behandelt, die zu Verletzungen führen können und wie sie zu vermeiden sind. Neben den medizinischen Aspekten wird auch die ökonomische Seite und dazu noch viele ethische Gesichtspunkte angesprochen, die man im Rennsport und in der Zucht und natürlich auch beim täglichen Umgang mit Pferden bedenken und beachten sollte.
Bei den Ursachen für Verletzungen im Rennsport wird zuerst die genetische Prädisposition genannt. Weiche Beine sind erblich. Er bezieht sich dabei auf eine Studie von Verheyen aus dem Jahr 2006, also auf eine recht neue Untersuchung. Verheyen wird dahingehend zitiert, daß dies nicht nur für Sehnen-Erkrankungen sondern auch für Frakturen gilt, die von unbedarften Leuten gewöhnlich als Unfall abgetan werden.
Es wird seit langem und immer wieder darüber ist diskutiert, ob es im Sinne der Vollblutzucht und der Zuchtauslese ist, wenn weiche Pferde, auch wenn sie von hervorragender Klasse waren, in die Zucht genommen werden. Natürlich gibt es immer wieder Beschäler, die trotz eines verletzungsbedingten vorzeitigem Karriereendes erstklassige und auch harte und gesunde Nachkommen liefern. Es sollte aber trotzdem immer wieder die Frage gestellt werden, ob Deckhengste, die nicht eine Mindestanzahl an Rennen gelaufen sind, wirklich für die Zucht geeignet sind.
Der Autor sieht als weiteren wichtigen Verursacher von Verletzungen im Rennsport den Reiter. Auch wegen des Siegerjubels im letzten englischen Derby sei folgender Abschnitt hier wörtliche wieder gegeben: “Ins gleiche Kapitel gehören übermässige Freuden-Bezeugungen von Reitern bei siegreichem Einlauf und beim Ausgaloppieren; solche Ereignisse können einem Pferd erwiesenermassen das Leben kosten. Rennleitungsentscheide zur Vermeidung solcher Zwischenfälle sind somit auch klar im Interesse des Pferdes und jedes Beteiligten.”
Daß natürlich auch das Geläuf einen ganz wesentlichen Einfluß auf die Pferde-Gesundheit hat, bedarf eigentlich keiner besonderen Erwähnung. Es wird sehr anschaulich und gut verständlich dargestellt, wie der Huf, das Pferdebein und schließlich das gesamte Pferd mit dem Boden in gewisser Weise “kommuniziert”und welchen Einfluß es auf die Pferde-Gesundheit hat.
Es wird weiterhin eine Studie aus dem englischen Rennsport zitiert, die auf einer Datenerhebung von 1996-98 basiert. In diesem Zeitraum wurden über 200.000 Starts auf der Flachen und über Sprünge analysiert und ausgewertet. Ebenso die vorhandenen Veterinär-Reports etc..
In einem weiteren Kapitel werden die unterschiedlichen Verletzungen und die Häufigkeit des Auftretens bei unterschiedlichen Bedingungen aufgezeigt und teilweise ausgewertet.
Der Autor widmet den ethischen Aspekten von Verletzungen im Rennsport breiten Raum. Der Wandel vom reinen Wirtschaftspferd zum Sportpferdstellt nicht nur andere Anforderungen an das Pferd, sondern auch der Mensch muß seinen Umgang mit dem Pferd ändern. Die Beziehungen Mensch – Tier, Mensch – Pferd, Mensch – Rennpferd, Mensch – junges Rennpferd etc. haben sich geändert und werden bescrieben. Dabei werden sowohl aktuelle also historische Probleme und der unterschiedliche Umgang mit dem Pferd, sei es Wirtschaftspferd oder sei es Sportpferd berücksichtigt.
Interessant ist eine Statistik, in der die Anzahl der Rennenzeiten in Abhängigkeit vom Alter beim ersten Start dokumentiert wurde. Danach laufen Pferde, wie beim erstens der Tübinger als 28 Monate waren mit 5,3 Rennzeiten und 42 in einem besonders lang. Pferde, die beim ersten Start jünger als 24 Monate waren, laufen weniger Saisons, dafür aber mehr Rennen. Am schlechtesten schneiden Pferde ab, die beim ersten Start älter als 36 Monate waren. Sie laufen nur 2,6 Saisons und 21 Rennen. Leider wird nicht erwähnt, wieviel Starts die Probanden durchschnittlich im ersten Rennjahr hatten.
Es handelt sich dabei um eine australische Studie, für die 268 Pferde untersucht wurden. Leider ist sie von 1975 und wegen des seitdem vollzogenen Wandels im Rennsport nicht mehr ohne weiteres auf die heutige Zeit zu übertragen. Das ist natürlich keine große Zahl und es wäre interessant, eine solche Studie mit einer größeren Anzahl zu wiederholen. Mit den heute verfügbaren Datenbanken der Jockeyclubs wäre das recht einfach. Allerdings muß man mindestens die europäischen Nationen insgesamt auswerten, denn bei der vorschreitenden Internationalisierung des Rennsports wechseln Pferde öfter das Trainingsland.
Jedenfalls läßt das Ergebnis dieser Studie Zweijährigen-Rennen in einem anderen Licht erscheinen. Es gibt offensichtlich eine Korrelation zwischen Frühreife und Härte, die in dieser Form bisher noch nirgends gelesen habe und die auch unterschiedlich zu den von mir allgemein vertretenen Ansichten ist.
In einem weiteren Kapitel wird der Einfluß des Trainings auf die Gesundheit beschrieben. Natürlich hat das Training genau wie die Aufzucht einen großen Einfluß auf die Pferdegesundheit. Das Training fördert nicht nur die Leistungsfähigkeit der Organe, sondern ist auch für die Bildung der Knochensubstanz verantwortlich.
Auch hier wird wieder beschrieben, daß ein später Trainingsbeginn keinesfalls förderlich für die Pferdegesundheit ist. Im Gegenteil. Hindernispferde, die erst mit vier Jahren in Training genommen wurden, erleiden mehr Streßfrakturen als solche, die schon mit zwei Jahren trainiert wurden.
Ebenso führen kurze und schnellere Arbeiten zu weniger Streßfrakturen als langsame und weitere Arbeiten.
Abschließend beschreibt der Autor sehr ausführlich die verschiedenen Arten von Verletzungen, Therapiemöglichkeiten und vor allem vorbeugende Maßnahmen zur Verhinderung von Verletzungen.
Der Aufsatz umfaßt 32 Seiten, Bilder die die Lesezeit verkürzen, gibt es keine. Trotz des Umfangs ist es eine sehr lesenswerter Arbeit die der Laie mehr als einmal lesen muß, um sie wirklich zu begreifen.
Ich wünsche viel Vergnügen bei der Lektüre!