Der After-Work-Renntag am vergangenen Montag stand unter keinem glücklichen Stern. Sieben Rennen und nur durchschnittlich besetzte Felder, ein mäßiger Totoumsatz in Deutschland, sowohl auf der Bahn als auch in den Buchmacherläden – und es gab den Tod zweier Pferde zu beklagen.
Zwei gebrochene Beine, eines Mitte der Geraden und eines im Einlaufbogen, ohne Rempeleien oder als Folge “verrückter” Rennsituationen, einfach so. Ursache unbekannt. Keine schöne Geschichte – aber auch nichts, was die Welt aus den Angeln hebt. Beim Sport gehören Unfälle leider dazu. Ob das Fußballspieler sind, die bei der Auseinandersetzung mit dem Gegner mit kaputten Knochen vom Platz getragen werden oder ob es Pferde sind, die dann leider getötet werden müssen.
Das Problem gebrochener Pferdebeine ist ganz einfach, daß die Röhrenknochen bei einem Bruch im Renntempo eigentlich immer splittern. Einmal daß der Knochen an sich splittert und dann, weil die beiden Enden des gebrochenen Knochens aufeinander reiben und dabei die Kanten absplittern, denn das Pferd kann ja nicht in wenigen Metern aus Tempo 60 zum Stehen gebracht werden. Deswegen bleibt in fast allen Fällen nur noch die Erlösung. Denn selbst bei hoch erfolgreichen Pferden, die man nach einem Beinbruch für die Zucht retten wollte, ist das trotz monatelanger Behandlung, bei der Geld im Sinne des Wortes keine Rolle gespielt hat, leider schief gegangen. Egal ob das “St Nicholas Abbey” in England/Irland war oder einige Jahre früher der Kentucky-Derby-Sieger “Barbaro”, der kurz nach dem Start in den Preakness Stakes mit Trümmerbruch im Hinterbein angehalten werden mußte.
In beiden Fällen konnte die Medizin nichts retten. Nicht, weil die Knochen nicht heilen wollten, sondern auch weil das fein austarierte System der Belastung der Beine nicht mehr wollte. Wird ein Bein beim Pferd zu lange geschont, gibt es Belastungserkrankungen an einem der anderen drei Beinen, meistens eine sogenannte Hufrehe, die in bestimmten Konstellationen große Schmerzen bereitet und dann unheilbar ist.
Dies nur als kurze Erklärung für den Laien, warum Pferde bei einem gebrochenen Bein meistens getötet werden müssen.
Unfälle gehören zum Sport leider dazu wie Sieg und Niederlage. Muß ein Pferd aufgegeben werden, ist es für den Besitzer und die Mitarbeiter im Rennstall mehr als nur ein mieses Gefühl. Es ist auch ein wirtschaftlicher Verlust und man verliert einen Sportkameraden, mit dem man mehr oder weniger intensiv zusammen gearbeitet hat.
Die Unfälle in Krefeld sollten aber noch ein ganz anderes Nachspiel haben – Peta, die sogenannte Tierschutz-Organisation, hat Strafanzeige gegen die Reiter, Trainer und den Präsidenten des Rennvereins erstattet.
Die”Rheinische Post” aus Düsseldorf hat die Anzeige im Wortlaut veröffentlicht und wir geben sie hier wieder.
“Es kam aufgrund der seit langem von Tierschützern kritisierten völligen Überforderung der Tiere bei solchen Rennen zu Frakturen bei zwei Pferden, die daraufhin getötet wurden. Allein die Vielzahl solcher Fälle auf deutschen und internationalen Rennbahnen legt nahe, dass es sich hierbei nicht – anders als von der Rennindustrie behauptet – um einzelne “Unfälle” handelt.
Offensichtlich wurde auch das Rennen nicht unterbrochen.
Die Tiere waren gem. § 3, Abs. 1 Nr 1, 1a und 1b TierSchG überfordert. Das Tierschutzgesetz listet als Beispiele des Verstoßes gegen z.B. Nr 1 auf: “Weiterreiten trotz deutlicher Erschöpfungszustände, Einsatz zu junger oder mangelhaft ausgebildeter Pferde. (…) Schwere Unfälle können eine vorangegangene Überforderung indizieren.”
Wenn ein Pferd auf einer normalen Galopprennbahn stürzt, besteht die hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass diesem Tier unzulässige Leistungen abverlangt wurden, was Besitzer, Eigentümer und Reiter, nebst den Tierärzten, hätten erkennen müssen. Darüber hinaus muss von einer Überforderung des Tieres ausgegangen werden.
Es gehört mittlerweile zum tierschutzwidrigen Standard von Pferderennen, denen der “vernünftige Grund” nach dem Tierschutzgesetz fehlt und einzig der Freizeitgestaltung von wenigen Menschen und der Profit- und Preissucht von Pferdebesitzern dient, dass teils schwerste Verletzungen und auch der Tod von Pferden in Kauf genommen wird. Rennleitungen verweigern seit Jahren Richtlinien zum Schutz der Tiere.
Es muss davon ausgegangen werden, dass nahezu jedes Pferd, welches bei solchen Rennveranstaltungen zu Schaden kommt oder sogar getötet wird, straf- und/oder ordnungsrechtlich relevant ist. Erst recht, wenn wie hier, die Wetterverhältnisse (Temperaturen über 32 ̊ C) so waren, dass die Gefahr bestand, dass einige Pferde überfordert waren.”
Soweit die Vorwürfe. Tenor ist die Überforderung der Pferde.
Im dritten Rennen brach sich etwa Mitte der Geraden “Petite Gold” das Bein. Gewonnen hätte er nicht, wahrscheinlich auch kein Geld mehr bekommen, aber er war mitten im Feld, als der Unfall passierte und lief nicht meilenweit hinterher. Er lief ähnlich gut oder schlecht wie die anderen Teilnehmer in diesem Rennen. Ist das eine Überforderung?
Ein Rennen später brach sich “Weißer Stern” das Bein im Einlaufbogen vor Erreichen der Zielgeraden. Das Pferd ging in hervorragender Haltung – der eigentlich nur auf die Gerade wartete, um sich an die Spitze des Feldes zu setzen. Er ging wie ein Pferd, das seiner Favoritenrolle vollauf gerecht werden wollte. Ist das eine Überforderung?
Es war warm, über 32̊C wie Peta schreibt. Darf man dann keinen Sport mehr machen? Fallen dann demnächst Fußballspiele oder Tennisturniere aus, weil es zu warm ist? Ebenso kann man alle anderen Vorwürfe erwidern, aber es ist eigentlich langweilig. Für Peta sind alle Menschen, die mit Tieren etwas machen, böse Menschen. Und Pferdesportler sind ganz besonders böse Menschen.
Zur Vermeidung von Mißverständnissen – Tierschutz ist wichtig und ich habe viele interessante Diskussionen mit Tierschützern gehabt und manchmal haben sie natürlich recht. Aber echte Tierschützer sind offen in der Diskussion und akzeptieren auch andere Ansichten – Peta hingegen duldet nur die eigene Meinung und wer andere Ansichten hat, hat unrecht.
Allerdings ist die Story damit leider nicht zu Ende! Denn die Strafanzeige hat viel PR für Peta und gegen den Galoppsport gebracht. Zwei Artikel in der RP – einmal den Renntagsbericht mit negativem Tenor und dann der Bericht über die Strafanzeige. Am Freitag war der Unfall der Aufmacher in der Bildzeitung – eine dreiviertel Seite Galopp-Sport von der negativen Sorte. Taschentuch zum Abwischen der Tränen inklusive. Die Peta-PR Maschine hat auf breiter Front auf sich aufmerksam gemacht – egal wie haltlos die Vorwürfe auch sein mögen.
Und was macht das DVR und seine Marketingplattform German Racing? Nichts! Im Renntagsbericht werden die beiden toten Pferde noch nicht einmal erwähnt und eine offizielle Reaktion auf die Strafanzeige gibt es auch nicht.
Bis zum Montag Nachmittag hat es das DVR geschafft, sich in dieser Angelegenheit nicht zu äußern, getreu dem Motto, wenn wir nichts schreiben, ist auch nichts passiert. Schreiben tun stattdessen die anderen Medien mit mehr oder weniger bösem Unterton – aber statt die Initiative zu ergreifen und den Laien sachliche und korrekte Informationen über den Unfall und das Problem von Unfällen insgesamt zu geben, wird nichts gemacht! Selbst eine österreichische Pferdesportzeitung postete den Krefelder Fall auf ihrer Webseite.
Diese PR-Runde geht nach Punkten ganz klar an Peta, aber nicht, weil Peta gute Argumente hat und das alles prima vorträgt.
Nachtrag
Peta bezieht sich bei seiner Strafanzeige auf §3 Abs I Nr. 1, 1a und 1b TierSchG.
Der Text der jeweiligen Vorschriften lautet:
1. einem Tier außer in Notfällen Leistungen abzuverlangen, denen es wegen seines Zustandes offensichtlich nicht gewachsen ist oder die offensichtlich seine Kräfte übersteigen,
1a. einem Tier, an dem Eingriffe und Behandlungen vorgenommen worden sind, die einen leistungsmindernden körperlichen Zustand verdecken, Leistungen abzuverlangen, denen es wegen seines körperlichen Zustandes nicht gewachsen ist,
1b. an einem Tier im Training oder bei sportlichen Wettkämpfen oder ähnlichen Veranstaltungen Maßnahmen, die mit erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind und die die Leistungsfähigkeit von Tieren beeinflussen können, sowie an einem Tier bei sportlichen Wettkämpfen oder ähnlichen Veranstaltungen Dopingmittel anzuwenden.
Das heißt nichts anderes, als das Peta dem Rennsport und den Trainern die Anwendung von Doping als Normalfall unterstellt. Kann der Rennsport, kann das Direktorium einen derart ungeheuerlichen Vorwurf auf sich sitzenlassen?