Glanz und Elend in schwarz-blau-rot

Vor wenigen Wochen feierte Schlenderhan sein 150 jähriges bestehen, wie GOL berichtet hat. 1869 kaufte Freiherr von Oppenheim Schloß und Gut Schlenderhan vor den Toren Kölns. Möglich wurde dieser Kauf auch durch eine weitere Emanzipation der Juden in Preußen und in dem von Preußen dominierten Norddeutschen Bund. Danach war es Juden u. a. erlaubt, Land und Grundbesitz außerhalb der Städte zu erwerben und es war damals wohl die weitreichendste Emanzipation, die Juden in Europa erfahren hatten. Vor allem aus Osteuropa und da besonders aus Rußland zog es sie nach Preußen, in dem sie nicht nur ihren Glauben nahezu unbeschränkt leben konnten.

Schlenderhan ist seither nicht nur das älteste Privatgestüt in Deutschland, sondern auch das Erfolgreichste und dazu mit einer Beständigkeit, die ihresgleichen sucht.

Am Sonntag gab es durch Alson mit seinem Sieg im Criterium International (Gruppe 1) in Longchamp ein nachträgliches Jubiläumspräsent. Und obwohl es ein Zweipferderennen war, lieferte der Areion-Sohn eine eindrucksvolle Demonstration seiner Klasse. Vier Pferde wurden als Starter für die mit 250.000 Euro dotierte Gruppe-1 Prüfung angegeben drei Iren aus den Ställen von Vater und Sohn O’Brien und ein Deutscher. Auch wenn am Vortag mit dem Criterium de Saint Cloud ein weiteres Gruppe-1 Rennen für Zweijährige entschieden wurde, irritieren die fehlenden Franzosen in diesem Rennen doch einigermaßen. In Saint Cloud ging es über die für Zweijährige sehr weite Distanz von 2000m, in Longchamp waren 1400m gefragt.

Dann wurde Wichita abgemeldet und es verblieben drei Starter. Lady Penelope aus dem Stall von Josef O’Brien war nach Paris gereist, verletzte sich in der Box und wurde abgemeldet.

Es rückten zwei Pferde in die Startbox ein – und wenn man nur das Ergebnis gelesen hat, dann dachte man erst mal an ein gemütliches Rennen, in dem der Zweitplazierte zeitig die Überlegenheit des Gegners erkannte und die Hände runter gesetzt hat und den Sieger ziehen ließ. Weit gefehlt! Es war ein aus der Maschine heraus zügig gelaufenes Rennen in dem Alson immer das besser gehende Pferd war. Eingangs der langen Pariser Zielgeraden mußte Donnacha O’Brien Armory schon anschieben, um den Takt von Alson mitgehen zu können.

Während Frankie Dettori auf Alson ganz lässig die Gerade runter galoppierte, wurde Armory noch sehr energisch angefaßt. Eine für mich unverständliche Reitweise! Donnacha O’Brien ist zwar ein junger aber trotzdem erfahrener Jockey, der in vielen großen Rennen geritten und gewonnen hat. Er mußte doch die drückende Überlegenheit von Alson erkannt haben und hätte ohne Anstrengung das zweite Geld bekommen. Wenn ein Finish eng ist, sehe ich den Peitschengebrauch als sinnvoll und unbedingt statthaft, wenn das Pferd unter der Peitsche anzieht. Ob das nun der Derbysieg von Isfahan 2016 oder das legendäre Derby 1979 zwischen Königsstuhl und Nebos war. Aber hier war der Peitschengebrauch absolut sinnlos und man könnte angesichts der unterschiedlichen Klasse der Pferde durchaus von Mißbrauch sprechen.

Auch wenn es nur ein Zweipferderennen war, wurde das Criterium International seinem Namen vollauf gerecht. Ein Ire und ein Deutscher kämpfen auf französischem Boden um den Sieg in einem bedeutenden Rennen! Es war absolut International!

Am Ende gewann Alson mit dem Finger in der Nase und 20 Längen Vorsprung gegen einen angestrengten Armory, den er am Arc-Tag im Grand Criterium noch knapp mit einem kurzen Hals von Alson auf den dritten Platz verwiesen wurde. Wann hat es zuletzt einen Sieger in einem Gruppe 1 Rennen mit 20 Längen gegeben? Die Frage wurde hier nach dem Sieg von Ghaiyyath im Großen Preis von Baden diskutiert und bei 20 Längen landet man bei Secretariat und den Belmont Stakes 1973. Lang lang ists her. Ebenso die Zeit kann sich absolut sehen lassen.: 1:27,6 Min auf sehr schwerer Bahn, die man in Dtld wahrscheinlich als „tief“ bezeichnen würde. 2018 gewann der Sieger auf Boden „gut bis weich“ in 1:27,1 Min, also eine halbe Sekunde schneller auf viel besserer Bahn. Es war ein absolut reell gelaufenes Rennen.

Wenn ich nichts übersehen habe, ist es der erste in Deutschland trainierte Sieger in einem Gruppe-1 Rennen für zweijährige Pferde in Frankreich und es ist der erste Sieg für einen Areion-Sohn in einem Gruppe-1 Rennen. Damit ist Alson auch der gewinnreichste Zweijährige, der jemals in Deutschland trainiert wurde.

Zweifellos, es war eine Sternstunde für die Vollblutzucht in Deutschland und für Schlenderhan. Aber nach Feiern wird den wenigsten in Bergheim bei Köln zumute gewesen sein.

Am vergangenen Freitag meldete GOL, daß Schlenderhan seine eigene Trainingsanlage, die vor rund 10 Jahren für viel Geld erstellt wurde, aufgeben wird. Die Pferde sollen auf verschiedene Trainer verteilt werden.

Für Informierte war das nicht ganz so verwunderlich. Wird doch die Trainingsanlage mit unterschiedlichen Ländereien seit rund einem Jahr von einem renommierten Makler für Immobilien im ländlichen Raum angeboten. Auf Nachfrage am Montag war der zuständige Sachbearbeiter aber nicht bereit, weitere Auskünfte zu geben, außer daß es für die Anlage ein normales Interesse gäbe und daß sie noch nicht verkauft ist. Es ist ja auch verständlich, daß man bei einem auf Grund seiner Besonderheiten nicht einfach zu vermarktenden Objekt sich nicht allzu tief in die Karten gucken lassen will.

Keine Frage, diese Entscheidung ist aus Kostengründen getroffen worden. Eine derart großzügige Anlage zu pflegen und zu unterhalten kostet viele Geld und wenn man die Kosten auf 50 Pferde im Training umlegt, sind das höhere Kosten je Pferde, als wenn die Pferde bei einem Public Trainer auf einer Rennbahn im Training stehen, wo die Kosten der Pflege auf 100 und mehr Pferde umgelegt werden.

Früher hatte Schlenderhan eine eigene Hausbank und mit den zeitweise sehr üppigen Erträgen konnte man viel gestalten. Natürlich sind es diese ‘nderungen bei der Eigentümerfamilie, die sich auf Schlenerhan ganz massiv auswirken. Aber auch nach dem Ende der Hausbank war es der Monsun, der mit seinem warmen Regen für reiche Ernten sorgte und als dieser ausblieb, wurden die Böden karg und es mußte gespart werden. Und es ist natürlich auch der Rennsport mit seinen Geldpreisen, die nicht nur international nicht mehr konkurrenzfähig sind, sondern auch die allgemeine Kostenwicklung seit rund 20 Jahren nicht mehr abbilden.

Und jetzt wird der Luxus einer eigenen Trainingsanlage gespart. Aber das ist es nicht, es ist eine Zäsur und nicht nur für Schlenderhan. Das größte und älteste deutsche Privatgestüt nmuß kleine Brötchen backen, so als wenn Daimler-Benz in Stuttgart für den Vorstand eine Kleinwagenregelung bei den Dienstwagen erläßt.

Dazu kommt die Außenwirkung, warum soll man noch in den Galopprennsport investieren, wenn der Branchenprimus sich massiv verkleinert. Die Schließung der Trainingsanlage wird Galopp-Deutschland noch bitter zu spüren bekommen.

In den sozialen Medien las man von Mitarbeitern, daß es sie besonders bedrücke, die Nachricht von der Schließung des Trainingszentrums aus der Presse zu erfahren. Wenn es stimmen sollte, ist das wahrlich nicht der Stil, der Schlenderhan würdig ist!

Es ist unverständlich,daß das DVR zu dieser Causa noch nicht geäußert hat. Und die angeblich so guten Aussichten, die das DVR in Baden Baden kommuniziert hat, sollten einmal mit belastbaren Fakten unterlegt werden. Es paßt einfach zur Causa Schlenderhan!

Criterium International

Statement J-P Carvalho nach dem Rennen

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6 Antworten auf Glanz und Elend in schwarz-blau-rot

  1. j.w. sagt:

    das gestüt wurde zurückgekauft. die trainingsanlage gehört immer noch der deutschen bank. und die verkauft das halt auch. nachwehen, sozusagen …

  2. j.w. sagt:

    hatte ich im internet gelesen. find ich aber nicht mehr. also rückzug …

    • Blücher sagt:

      Der Gedanke ist ja gar nicht mal so abwegig. Hätte ich auch selbst drauf kommen können als ich mit dem Makler gesprochen habe!

    • Blücher sagt:

      Sie scheinen recht zu haben. Der Makler hat sich sibyllinisch ausgedrückt und danach ist nicht Schlenderhan/Ullmann der Verkäufer. Also ist es die Germanische Bank…..
      Und dann könnte das alles ein sehr geschicktes Pokerspiel sein ….

  3. h.schmelz sagt:

    Herr Rumstich, es ist schön zu erfahren, daß Sie vertraulichen und sogar fernmündlichen Umgang mit Maklern haben, aber wie üblich verirren Sie sich im Gestrüpp der Konspiration. Was soll das DVR zu diesem Fall sagen, in welcher Kapazität? Da findet ein Verkauf einer Trainingsanlage statt, nicht mehr, nicht weniger, und das DVR hat damit nichts zu tun und zu sagen. Ich habe sogar gehört, daß Herr Mommert das mal kaufen wollte, bis ihm sachverständige des Themas erklärt haben, das sei eine Anlage für Galopper, nicht für Traber. Was sagen Sie jetzt? Genau, ist eigentlich völlig wummpe. Genauso Ihre Forderung an das DVR.

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