Die Sache mit der Zunge

Zuweilen nehmen Pferde die Zunge übers Gebiß. Ist es eine Unart oder wollen Sie der Einwirkung des Gebiß ausweichen. In großen Dressurprüfungen muß das Pferd deswegen vor der Prüfung zur Zungenkontrolle. Ein Richter prüft dann, ob das Gebiß richtig verschnallt ist und die Zunge dort liegt, wo sie hingehört. In besonderen Prüfungen oder wenn der Verdacht besteht, daß sich während der Prüfung etwas geändert hat. Das Pferd wird dann disqualifiziert.

Für Pferde, die diese Unart haben, gibt es das Löffelgebiß. Am Gebiß sind zwei runde Platten beweglich befestigt, die es dem Pferd erschweren, die Zunge über das Gebiß zu nehmen. Aber es gibt genug „Experten“, die es trotzdem schaffen. Das ist wie bei den Koppern – die echten Profis koppen auch unterm Koppriemen durch, was eigentlich gar nicht möglich sein kann. Es ist eben eine Unart, die zur Sucht werden kann …. Alkohol und Nikotin beim Menschen lassen Grüßen.

Und natürlich gibt es auch bei den Vollblütern Pferde, die die Zunge übers Gebiß nehmen. In der Morgenarbeit ist das zuweilen unangenehmen, weil dann die Bremsen am Ende des Canters nicht mehr funktionieren und man erhebliche Kraft aufwenden muß, um das Pferd anzuhalten.

Im Rennen kann diese Unart zu ganz anderen Problemen führen, vor allem wenn die Pferde die Zunge nicht nur übers Gebiß nehmen sondern auch noch hochziehen. Dann ist nämlich die Atmung behindert, weil die Zunge vor dem Kehlkopf liegt. Da wo die Luft durch soll, ist dann die Zunge im Weg.

Deswegen wird bei solchen Pferden im Rennsport seit “ewigen Zeiten” die Zunge festgebunden um diese Probleme zu verhindern. Zugegeben, die früher praktizierte Methode, die Zunge mit einem Nylonstrumpf vor dem Satteln festzubinden, war nicht unbedingt schön anzusehen. Vor allem wenn der Strumpf sehr fest war und die Zunge dadurch blau anlief. Aber die Alternative war eben die Rennuntauglichkeit des Pferdes.

Heute wird die Zunge meistens mit einem Gummiband am Unterkiefer befestigt. Das ist für das Pferd angenehmer als der Nylonstrumpf und es wird das gleiche Ergebnis erzielt. Theoretisch könnte das sogar vor dem Start durch den Pferdeführer oder durch einen Starthelfer gemacht werden.

Allerdings hat das Direktorium mit Wirkung zum 1. Juni das Festbinden der Zunge im Rennen untersagt. Aus Gründen des Tierschutzes, wie es offiziell heißt – also ein weiteres Einknicken des Dachverbands vor den Forderungen der Tierschützer, die in der Regel die Zusammenhänge nicht kennen und die einfach Forderungen aufstellen, weil es ihnen gerade so gefällt. Es wäre einmal interessant zu wissen, ob das DVR sich auf eine Diskussion mit den sogenannten Tierschützern eingelassen hat und warum es den Verbandsvertretern nicht gelungen ist, diese von der Richtigkeit einer für das Rennen festgebundenen Zunge zu überzeugen?

Wie gesagt, wenn man keine Lösung hat, ist das Pferd ohne festgebundene Zunge rennuntauglich – oder es startet nur noch im Ausland, weil es dort solche Regeln nicht gibt und die Dachverbände pragmatische Regeln aufstellen und sich dies nicht von sogenannten Tierschützern vorschreiben lassen.

Oriental Eagle ist so ein Fall – im Mai hat er den Gerling-Preis in Rekordzeit gewonnen, auch wenn diese nachträglich ein wenig korrigiert werden mußte. Im Preis der Badischen Wirtschaft kam er als Letzter ein, weil die Zunge die Atmung behinderte. Jetzt wird er in Frankreich hoffentlich erfolgreich laufen. Sein nächster Start ist im Prix Saint Cloud, sonst wäre er vielleicht im Hansa-Preis gelaufen.

Wir haben immer weniger Startpferde in Deutschland – und so werden sie nochmal reduziert. Und wenn dann ein Pferd davon betroffen ist, der sich zu einem ganz Guten zu entwickeln scheint, ist das umso bedauerlicher. Oriental Eagle, das vom DVR aus deutschen Rennen vertriebene Grand Prix Pferd – Pardon, das ist ja Tierschutz.

Ob das DVR die Sache zu Ende gedacht hat, bevor die Änderung der RO beschlossen wurde?

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8 Antworten auf Die Sache mit der Zunge

  1. h.schmelz sagt:

    die wesentlich spannendere frage ist die, welche das urteil des LG köln aufgeworfen hat, nämlich die zurückweisung an die verbandsgerichtsbarkeit in sachen derby 2016. das wird was geben, nach dem bereits bekannten hinweis des vorsitzenden der kammer auf die kompetenz dieser gerichtsbarkeit. es ist schwer vorstellbar, wie sich das renngericht unbefangen mit seiner eigenen unfähigkeit auseinander setzen kann. aber in diesem sport ist vieles möglich, also wird auch diese gelegenheit zur blamage nicht ungenutzt bleiben.

    es gibt nur einen ausweg aus diesem desaster, welches der sport sich selbst angerichtet hat, und das ist eine vergleichslösung mit herrn pudwill. alles andere führt weiter ins unglück, ein schrecken mit ansage und ohne ende.

    gleichzeitig muß alles in bezug auf diese gerichtsbarkeit auf den prüfstand, u.a. die unfaßbaren umstände bei der sogenannten wahl zur neubesetzung des obersten renngerichts und die bemerkungen des herrn vogel im vorfeld a la “wir ziehen dann die generalnorm, wenns nicht paßt”.

    • Theo Epping sagt:

      Die Sache mit der Zunge beruht, da bin ich sicher, auf einem Anlernfehler. Wenn die Trense von Anfang an korrekt angepasst und darauf geachtet wird, dass die Zunge da ist, wo sie hingehört, kommt es erst gar nicht zu diesem Problem. Tritt es doch auf, sollte man es auch – nicht gerade mit einem Damenstrumpf – verhindern können.

      Die Fragen, die das Urteil des LG Köln aufwerfen, finde ich weniger spannend, als peinlich. Sie haben völlig recht h.schmelz, es wird Zeit dass mal geredet und nicht nur juristisch getrickst wird.

      • Blücher sagt:

        In vielen Fällen gebe ich Ihnen recht, aber nicht immer. Oft fängt es ja mit einer nicht richtig verschnallten Trense an. Das Gebiß hängt dann zu tief und es ist dem Pferd ein Leichtes, die Zunge übers Gebiß zu legen. Dann ist es natürlich auch eine Frage von Reiten.
        Aber es gibt eben auch Pferde, die es später anfangen und dann ist man manchmal eben hilflos!

  2. Michael Blau sagt:

    Man stelle sich vor…die Formel1 würde mitten in der Saison beschliessen nur noch Motoren mit 1000ccm zuzulassen und zwar ab dem nächsten Rennen…undenkbar…geht wohl nur im Galopprennsport. Wenn unbedingt die dringende Notwendigkeit bestünde…das Anbinden der Zunge zu verbieten…dann doch bitteschön zum 1.1.2019! Warum wird dies vom Verband einfach geschluckt. Aber noch viel schlimmer ist das Thema Sicherheit, wenn manche Pferde nur noch zu steuern sind, wenn die Zunge arretiert ist. Verstehe das wer will…ich jedenfalls verstehe es nicht

  3. h.schmelz sagt:

    die sache mit der zunge wurde heute in horn nicht besprochen, sondern die ritte von herrn martin seidl. die waren das beste, was ich in den letzten jahren von einem deutschen jockey gesehen habe. weil’s so schön war, soll der ritt auf Dschingis Secret besonders gelobt werden, weil da alles zusammen kam; große übersicht im rennen, schonende route an den rails, zutrauen zum pferd, die lücke konsequent erspäht und nutzend, und mit enorm viel druck aber ohne getöse nach hause geritten. das sieht man hier zulande nur sehr selten, das gemahnt an FR oder ENG oder IRE. er möge gesund bleiben, dann wird das ein großer.

  4. h.schmelz sagt:

    ansonsten lachte die sonne, und das volk fand seine belustigung an diesem und jenem. das ist die neue zeit, die vieles anders macht, als die alten zeiten. als es noch um die pferde ging und die rennen und man sich des morgens über die formen in der sportwelt hermachte und versuchte, rätsel zu lösen. immerhin war die tribüne zu 1/4 gefüllt, das gras im inneraum gemäht, das geläuf sah gut aus, und der ganze platz hat sich immerhin zum schlimmsten rennplatz in deutschland gemausert. das will was heißen. lieblos ist auch eine kunst, auf die sich nicht alle verstehen. der hrc aber, der versteht sich darauf, der plaziert bierbuden so galant auf dem sattelplatz, daß die zuschauer auf den billigen plätzen vor dem ziel nur die hälfte des einlaufs sehen können. das erhöht die spannung enorm, wenn welche, die vorher vorne waren, als erste aus dem nebel erscheinen.

    eine sache für sich sind die 1.200 meter rennen. wer da außen steht, hat die arschkarte gezogen. der weg in den bogen ist so kurz, daß von da keiner eine echte chance hat. entweder volles rohr rüberziehen, dann ist der sprit bald aufgebraucht, oder nach innen und warten, und dann ist der zug abgefahren. vor jahren hat mal ein skandinavier im holsten cup das unmögliche versucht und dabei das halbe feld abrasiert, als er von außen nach innen vor das feld rauschte. das ist also ein altes problem und bekannt. immer ein sicheres zeichen, daß sich in horn nix ändert.

    in der mitte des platzes hatten sie sand aufgeschüttet, ob von der ostsee oder der nordsee, ist nicht bekannt. drumherum buden, die teils verwaist waren mangels kundschaft. hüte, hüpfburg, gemälde, pulled pork. ein themenpark der besonderen sorte.

    über hern seidl habe ich bereits berichtet, nun auch zu Dschingis Secret, dem sieger des hansa preises. ich fand den als einziges pferd im führring mit sowas wie aura und persönlichkeit ausgestattet, während der rest mehr oder weniger gepflegte langeweile verströmte. Windstoß nicht besonders gewachsen, und seine form aus den eclipse stakes stark überbewertet von der journaille, denn da hatte er nie eine chance auf mehr, als am ende raussprang. Rapido fiel nicht ab, und lief auch nicht wie ein pferd, welches lahm ist. der rest nicht besonderes auffällig und eher gruppe III.

    frau vollmers zeigte sich erfreut über den umsatz, und das abendblatt will 5.500 leute auf der bahn gesehen haben. mag sein, ich glaube, 4.000 trifft es eher.

    • Theo Epping sagt:

      Da Sie so konsequent negativ über Hamburg berichten, gehe ich mal davon aus, dass es nicht ganz so schlimm ist, wie Sie es darstellen.
      Immerhin ist doch wohl ein neuer Stern aufgegangen, wenn Sie das richtig gesehen haben.

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