Es ist Frühling und am ersten Dienstag im November steht der Melbourne-Cup auf dem Programm. The Race, which stops the Nation. Ein Rennen, das eine ganze Nation anhält und die Wirtschaft beklagt jedes Jahr hohe Ausfälle, die dadurch entstehen und vergißt, daß dafür woanders Gewinne entstehen und schließlich lebt der Mensch ja nicht vom Brot allein, sondern will auch noch „leben“ – und genießen!
7,3 Mio Känguru-Dollars gibt es zu gewinnen, das sind aktuell „nur“ rund 4,5 Mio Euro nicht ganz so viel wie der Arc aber das Rennpreis-Budget des deutschen Rennsports für rund 4 Monate. Nicht das wertvollste,aber eines der wertvollsten Rennen der Welt. Kritiker bemängeln, daß es nicht wirklich ein Gruppe-1 Rennen ist, weil der Cup unter Handicap-Bedingungen gelaufen wird. Das mag vielleicht richtig sein, aber in den USA und auch in anderen australischen Rennen werden Gruppe-1 Rennen als Handicap gelaufen und ist es vielleicht gerade deswegen so schwer, den Cup zu gewinnen? Es gibt nur wenige Mehrfachsieger, so wie diese in den großen Handicaps in England auch selten sind. Die Top-Pferde haben es unter Altersgewichtsbedingungen leichter, weil sie nicht für jeden Sieg Aufgewicht bekommen.
Den Kritikern ist der Prüfungsgedanke für die Zucht nicht genug berücksichtigt und eigentlich sei es ja nur eine Gruppe-2 Prüfung, wird teilweise angemerkt. Egal, Galoppsport ist natürlich auch eine Auslese für die Zucht, aber Galopprennen sind auch gelebte Emotionen, Freizeit für Kumpel und Könige, Spaß für die ganze Familie und noch viel mehr. Auf der Rennbahn werden Geschichten für den Himmel und für die Hölle geschrieben und der Melbourne-Cup ist voll mit solchen Geschichten. Und wer möchte nicht mal die Via Triumphalis von hundert tausend Galoppsportsfans in Melbourne genießen, einmal den Pott in den Händen halten, wer möchte nicht einmal dabei sein, wenn „sein“ Pferd der Hauptdarsteller bei einem Ereignis ist, das eine ganze Nation zum Stillstand bringt?
Aber zurück zur Zucht. Sieben Hengste gibt es, die drei oder mehr Sieger in dem seit 1861 gelaufenen Melbourne-Cup gebracht haben.
Positano ist der einzige Stallion mit vier Siegern. Im frühen 20. Jahrhundert war er einer der großen und guten Hengste „Down Under“. Damals war der Cup wohl noch ein regional beschränkte Ereignis, weil Reisen in dem riesigen australischen Kontinent langwierige Ereignisse waren – und von Europa aus war es eine mehrmonatige Weltreise – und mit solch unsinkbaren Schiffen wie der Titanic dazu noch eine echte Abenteuer-Reise – kurz, der Melbourne-Cup war wohl eher eine regionale als eine nationale, geschweige denn eine weltweite Veranstaltung. Und es gab sehr strenge Einreisevorschriften und lange Quarantäne-Zeiten für Tiere, die die Einreise von Sportpferden für eine Veranstaltung unmöglich machten. Erst die Lockerung dieser Vorschriften ermöglichte die Internationalisierung des Rennsports auf dem fünften Kontinent.
Positano war in England von St. Simon aus der klassisch plazierten Ponza gezogen und wurde wohl mehr wegen der Abstammung als wegen der Rennleistung nach Australien verkauft. Er brachte als Sieger im „Cup“ Lord Cardigan (1903), Poseidon (1906), Lord Nolan (1908) und Piastre (1912).
Noch früher als Positano wirkte Gozo, der drei Melbourne-Sieger brachte. Er war ein australisches Eigengewächs, seine Eltern wurden aus England importiert. Er brachte Gaulus (1897), The Grafter (1898) und mit Acrasia (1904) eine der wenigen Stuten, die den Cup gewonnen haben.
Noch früher wirkte New Warrior, der aus England importiert wurde und mit Tim Wiffler (1867), Warrior (1869) und The Pearl (1871) ebenfalls drei Sieger brachte.
In der „Neuzeit“ ist Desert King besonders zu erwähnen. Mit Makybe Diva (2003, 2004 und 2005) brachte er die einzige Stute und das einzige Pferd überhaupt, das den Cup dreimal gewonnen hat. Makybe Diva ist in England gefohlt, hat aber einen australischen Züchter. In 36 Rennen hat die Stute 15 mal gewonnen und war siebenmal plaziert (Racingpost-Daten). Ihr zu Ehren wurden die früheren Craiglee Stakes in Makybe Diva Stakes umbenannt
Sir Tristam ist einer der großen australischen Hengste des späten 20. Jahrhunderts. Er war 1971 in Irland von dem großen Sir Ivor aus der Round Table-Tochter Isolt gezogen. Als Rennpferd hat er nicht viel gezeigt, er gewann zwei kleine Rennen bei 19 Starts. Aber irgendwie kann man seine Karriere auch mit dem häßlichen Entlein auf der Rennbahn, das sich in einen wunderschönen Schwan in der Zucht verwandelte, vergleichen. Pedigreequery spricht von 45 Gruppe-1 Siegern, die er gebracht hat, bei Galopp-Sieger sind 31 vermerkt. Aber die australischen Rennen sind bei GS noch ziemlich unvollständig und deswegen ist die Zahl auf jeden Fall zu niedrig. Jedenfalls war er einer der ganz Großen, die DownUnder gewirkt haben. Im Cup brachte er Gurners Lane (1982), Empire Rose (1988) und Brew (2000) als Sieger.
Kein Känguru, aber ein Kiwi ist Zabeel, ein weitere bedeutender Hengst aus dem pazifischen Raum, der dazu noch beachtliche Eigenleistungen hat und ein Sohn des zuvor erwähnten Sir Tristram ist. Er siegte uA in den Australian Guineas (GR 1) in Flemington und den Craiglee Stakes (GR 2) die 2007 in „Makybe Diva Stakes“ umbenannt wurden.
Zabeel brachte Might and Power (1997), Jazabeel (1998) und Efficient (2007) als Sieger Cup.
Und schließlich Monsun, der Stallion aus dem kleinen Vollblutland Deutschland. Sein erster Coup im Cup war der 2008 im irischen Ballymacoll gezogene Fiorente. Zuerst in England von Sir Michael Stoute trainert und dort uA Sieger in Princess of Wales Stakes (GR 2) von Newmarket. Nach einem vierten Platz im Prix Foy (GR 2) wurde er nach Australien verladen, am Cup-Tag wechselt er in den Stall von Gai Waterhouse und wurde im vom Green Moon gewonnen Melbourne Cup mit einer Länge geschlagen Zweiter.
Nach einigen Siegen und Plazierungen gewann er den Melbourne-Cup gegen den später so tragisch verunglückten Red Cadeaux mit einer ¾ Länge. Auf den weiteren Plätzen kamen mit Mount Athos (Cumani), Simenon (Mullins), Dandino (Botti) ebenfalls europäische Pferde ein. Achter wurde der Shirocco-Sohn Brown Panther aus Irland.
Nach seinem Cup-Erfolg siegte Fiorente noch in den Carlton Draught Peter Young Stakes (GR 2) und im Australia-Cup (GR 1). Inzwischen steht er in Australien als Deckhengst. Sein bester Nachkomme ist Stars of Carrum, der die Drummond Golf Vase (GR 2) in Moonee Valley gewann. Die anderen Nachkommen sind eher bescheiden, ein Star ist leider noch nicht dabei. Aber die Karriere ist ja noch jung.
Der zweite Coup im Cup füpr Monsun war auch zugleich der erste Erfolg eines in Deutschland trainierten Pferdes im Melbourne-Cup: Protectionist aus der Zucht von Dr. Christoph Berglar und trainiert von Andreas Wöhler im Gestüt Ravensberg.
2014 siegte er im Hansa-Preis (GR 2 und im Prix Kergorlay (GR2) und ging danach nach Australien. Dort absolvierte er schon in den neuen Farben einer Besitzergemeinschaft Narola Stables, Australian Bloodstock und Dr. Berglar in den Herbert Power Stakes (GR 2) einen Aufgalopp auf australischem Boden und wurde Vierter. Im Cup schlug er Red Cadeaux souverän mit 4 Längen, dahinter Who Shot Thebarman und der aus England entsandte Signoff. Der Ittlinger Araldo wurde Siebter und es sollte sein letzter Start sein, denn er verletzte sich auf dem Weg zur Waage an einem Ziergitter. Eine Operation des Bruchs gelang nicht und er mußte einige Tage später ausgegeben werden. Seismos aus dem Stall von Marco Botti wurde Neunter.
Nach dem Cup blieb Protectionist in Australien und wurde von Kris Lees trainiert. Aber es gelang ihm eigentlich nichts mehr. Wobei auch leise Zweifel an dem Management angebracht sind. Er lief über 1800, 2000, 2400 und dann wieder über 3200m, um danach über 1400 und 1600m an den Start gebracht zu werden. Nach einer total verkorsten Saison 2015 kam er im Frühjahr 2016 zurück nach Gütersloh zu Andreas Wöhler und gewann den Commerzbank-Cup in Düsseldorf. Es folgten Siege im Hansa-Preis (GR 2) und im Großen Preis von Berlin. Ein Ausflug zu den Pattison Canadian International Stakes (GR 1) in Woodbine war nicht wie erwartet. Der Boden war fest, die Pace zu flau und nichts ging. Er wurde Neunter und damit Letzter und es sollte der letzte Start seiner Karriere sein.
Inzwischen steht er als Deckhengst in Röttgen und sein erster Jahrgang wurde 2018 geboren. Man darf gespannt sein.
Und schließlich Almandin aus dem Gestüt Schlenderhan. Er stammt aus der Familie der Alma Mater, Alpenlerche (der Mutter von Alpenkönig). Obwohl auch mit A beginnend ist die Familie nicht verwandt mit der anderen großen Schlenderhaner A-Line der Asterblüte.
Almandin siegte in Deutschland vierjährig im Preis der Badischen Unternehmen (GR 2) 2014 und war dann ab September dann in Australien in Training.
Die Saison 2015 ließ er komplett aus, die Gründe kenne ich nicht. Er startete im Augst 2016 recht früh in die neue Saison mit einem letzten Platz in einem Handicap, wurde danach Fünfter in einem Handicap und gewann dann in Caulfield ein Listenrennen. Es folge ein Sieg im The Bart Cummings (GR 3) und danach der Sieg im Cup. Zweiter wurde der Lando-Sohn Heartbbreak City und damit gab es einen deutschen Doppelerfolg für die zwei großen Hengste des legendären Jahrgangs 1990. Excess Knowledge, ebenfalls von Monsun wurde 16. und Our Ivanhowe wurde 17. bei 24 Startern.
Für Almandin war der Cup der letzte Start in der Saison 2016/17. In die neue Saison startete er wieder sehr früh im August. Er lief recht nett in kleineren und mittleren Rennen, gewann ein Listenrennen und der zweite Versuch im Cup war nicht erfolgreich. Er wurde Zwölfter.
Nach einem Trainerwechsel siegte er 2018 in den Kia Tancred Stakes (GR 1) und beendete die Saison mit einem 8 Platz in den Schweppes Sidney Stakes in Randwick. In derneuen Saison ist er noch nicht gelaufen und ob er noch im Training ist, ist mir nicht bekannt. Da er Wallach ist, ist eine Zuchtkarriere nicht möglich – und wenn er nicht mehr läuft, wird er hoffentlich noch ein gutes Reitpferd abgeben und einen entsprechenden Platz gefunden haben.
Monsun war noch Vater oder Stutenvater von plazierten Pferden im Melbourne-Cup. Und es gab noch andere Starter aus deutscher Zucht. Zu erwähnen sind Machtvogel, der 1983 im Cup lief, der Ittlinger Vialli 1997, der von Andreas Schütz trainierte Caitano 2001, Lucas Cranach aus Graditzer Zucht, der erst in den Farben von Erika Müller aus Düsseldorf lief und dann nach Australien verkauft wurde, war der erste Deutsche, der Geld im Melbourne Cup plaziert war. Er wurde 2011 Dritter.
Monsun wird wohl keinen weiteren Cup-Sieger mehr haben, aber inzwischen kaufen die Australier gerne deutsche Pferde und haben damit teilweise große Erfolge. Man darf gespannt sein, wann es den nächsten, in Deutschland gezogenen Melbourne-Cup Sieger geben wird.
Fiorente 2013
Protectionist 2014
Amaldin 2016