Einen Präsidenten für das DVR

traditionell kommt der Präsident des Direktoriums für Vollblutzucht und Rennen aus dem Sport, ist entweder als Gestütsbesitzer oder Rennstallbesitzer mit den Interna des Sports bestens vertraut, hat idealerweise noch eine allgemeine gesellschaftliche Reputation und Schnittstellen zur Politik – und vor allem hat er ausreichend Zeit, sich um die Belange des Sports zu kümmern und diesen nach außen zu repräsentieren. Und er sollte nicht allzuweit vom Rheinland entfernt wohnen, denn seine Präsenz in der Zentrale ist nicht täglich aber regelmäßig erforderlich.

Aber die Gesellschaft wandelt sich und dies merkt man auch an den Protagonisten des Sports. Der Senior-Chef eines großen Unternehmens, der die Unternehmensleitung in jüngere Hände gelegt hat und seine Leidenschaften lebt, ist nicht mehr der typische Protagonist im Rennsport. Es sind vielfach junge Menschen, die im Rennsport aktiv sind und es sind nicht mehr die klassischen Patriarchen.. Die großen Gestüte haben aufgehört zu existieren, werden von einer Stiftung getragen oder sind geschrumpft und haben längst nicht mehr die Bedeutung früherer Jahre.

Kurz – die Suche nach einem repräsentativen, allseits geachteten und vernetzten “Anchorman” für den Sport als zukünftigen Präsidenten ist nicht einfach. Dazu sind die Anforderungen wesentlich höher, als sie es noch vor Jahren waren. Der Sport durchleidet seit langem eine Krise und eine Besserung ist nicht absehbar. Es gibt eine Vielzahl an Baustellen, für deren Bewältigung eigentlich “Vollzeit-Einsatz” erforderlich ist.
Aber es hilft alles nichts – ein neuer Präsident muß 2017 gewählt werden, denn Albrecht Woeste als amtierender Präsident hat bei seiner letzten Wiederwahl bereits verlauten lassen, daß er über die jetzige Wahlperiode nicht mehr für das Amt zur Verfügung stehe. Verständlich, denn er hat die 80 überschritten, und es sind ja nicht alle wie Konrad Adenauer, der erst mit 73 Jahren richtig los gelegt hat.

Bereits zweimal hat der Rennsport einen Präsidenten von “Außen” gewählt. 1982 wurde der ehemalige Bundespräsident Walter Scheel zum Präsidenten des Direktoriums gewählt. Man erhoffte sich damit einen besseren Draht zur Politik. Ob das so wahr geworden ist, oder ob die Wünsche nicht zu groß waren, sei einmal dahin gestellt. Aus heutiger Sicht muß man die Ära Scheel als ein “Goldenes Zeitalter” des Sports nennen. Ich gebe allerdings zu, daß ich mit dem DVR-Präsidenten Scheel fremdelte, aber nicht wegen seines Engagements für den Sport sondern wegen seiner politischen Vergangenheit. Aber wenn ich an seine Rede zur Wiederöffnung der Galopprennbahn von Bad Doberan am 7. August 1993 denke, dann sprach da ein Mann in fast freier Rede, der nicht nur wußte, wovon er sprach, sondern auch, wie er das Auditorium begeistern konnte. Hut ab, das war ein toller Auftritt. Allerdings war es nicht nur ein repräsentativer Präsident, sondern mit Hans Heinrich von Loeper auch ein sehr engagierter Generalsekretär, der im Sport groß geworden war und damals viele Weichen gestellt hat.

Nochmal einen Präsidenten zum DVR-Präsidenten wählen? Warum eigentlich nicht! Christian Wulff mußte vorzeitig demissionieren, angeblich wegen diverser nicht ganz sauberer Hotel- und Bewirtungsabrechnungen und zu wenig Distanz von seinen Freunden aus der Wirtschaft. Tatsächlich war es aber wohl eine Rede zum Euro-Rettungsfonds aus dem Jahr 2011, die manchem im politischen Berlin nicht geschmeckt hat und man deswegen nach dem Haken gesucht hat, diesen unbequemen Präsidenten loszuwerden.. Egal – die Gründe der Demission wurden trotz Anklage und aufwendiger Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaft von Gericht als nicht relevant eingestuft und es gab einen Freispruch erster Klasse! Außerhalb des Juristischen mag das nicht alles wirklich koscher gewesen sein, aber wer in der Politik ist schon koscher?!

Christian Wulff ist der Rennsport nicht fremd. Im Norden sah oder sieht man ihn öfter auf der Bahn. Es ist sicher nicht der große Stallgeruch, aber einen, auf den man aufbauen kann. Entscheidend wird die Frage sein, wie weit ein DVR-Präsident Christian Wulff sich für den Sport einbringen würde, nur die reine Repräsentation ist bei der derzeitigen Lage des Galoppsports zu wenig. Hat er noch funktionierende Netzwerke im politischen Berlin? Fragen, die man nicht so einfach beantworten kann und die sicher zu klären wären. Und dazu noch einen Hauch von Glamour mit einer attraktiven Präsidentengattin…..?

Aber es wäre ein Versuch, eine Persönlichkeit mit nicht koscherem Lebenslauf für ein schwieriges Amt in schwieriger Zeit zu gewinnen. Denn ganz ehrlich und Hand aufs Herz, die Chance zu gewinnen, ist derzeit viel größer als das der Sport verlieren kann!

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3 Antworten auf Einen Präsidenten für das DVR

  1. Eva Maria Limmer sagt:

    Aber es wäre ein Versuch, eine Persönlichkeit mit nicht koscherem Lebenslauf für ein schwieriges Amt in schwieriger Zeit zu gewinnen. Denn ganz ehrlich…

    Ganz ehrlich,Feldmarschall Blücher, das finde ich jetzt reichlich gemein, nur weil es da diese kleinen Mißgeschicke bei den Bankgeschäften gegeben hat.Schuld war allein der nicht koschere Schwiegersohn.Und da kann man ja sehen, was dann passiert… bei nicht koscher.

    • Blücher sagt:

      Madame,
      wovon sprechen Sie? Ist es Ironie oder ist es Kritik?? Wollen Sie die ewige Acht über CW verhängen? Daß der damalige Kredit als Auslöser der Affäre nicht rechtens war, keine Frage. Aber am Ende hat niemand Schaden genommen – und wenn ich dann mal an amtierende Minister denke. Aber lassen wir das.

      Sie scheinen vor allem erst mal Fehler und Sünden zu suchen. Viel Spaß dabei!

      • Eva Maria Limmer sagt:

        Wie gut,daß Sie mich mißverstanden.

        Ich wußte von keinen Krediten und mich interessieren tatsächlich nur die Pferde selbst.

        Hier würde ich es begrüßen, daß das was jeder als selbstverständlich erachten würde als allererstes erledigt wird,was am wichtigsten ist, nämlich:

        Das Leben der Sportler selbst,ihre Gesunderhaltung und die gerechte Entlohnung für ihre Anstrengung.Und mit Sportler meine ich auch die Sportler, die hier angeblich siegen oder verlieren und nicht die Beisitzer, die diesem “gefahrgeneigten”(hschmelz)Treiben aus sitzend sicherer Entfernung beiwohnen.

        Aktuell kann ich die Behandlung dieser Sportler Ihres Sports
        tatsächlich nur als Sünde bezeichnen und daß solche Versündigungen langfristig unter keinem guten Stern stehen ist nun leider der einzige Trost und Hoffnungsstrahl.

        Die Tricks und Affären der kleinen und größeren Beutelschneider interessieren mich überhaupt nicht und sind nun wirklich harmlos im Vergleich mit den wirklichen Sünden im Namen des Glücksspiels.

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