Bewegte Tage in Frankfurt

Der Rennklub gibt sich beim Kampf um den Erhalt seiner Rennbahn nicht geschlagen und die letzten Tage und Wochen in Frankfurt waren turbulent und spannend.

Vor nunmehr gut sechs Wochen ging der Frankfurter Rennklub mit Informationen und Dokumenten an die Öffentlichkeit, die zwar noch keinen vollständigen Beweis dafür liefern, daß das Grundstück oder zumindest Teile des Rennbahngeländes sich vor 1945 im Besitz des damaligen Rennvereins befunden hat, aber zumindest die Vermutung nahelegen, daß die Rennbahn oder zumindest ein Teil der Anlage sich einmal im Eigentum des Frankfurter Rennclubs befunden hat.

Dazu hat der FRK den Badener Erbenermittler Dr. Gerhard Moser mit Nachforschungen beauftragt. Gefunden wurde bisher ein Grundsteuerbescheid, adressiert an den Rennclub, “zu Händen von Herrn Dr. Weinberg”. Dr. Moser schätze ich persönlich und fachlich sehr und wenn er sich in dieser Sache äußert, dann hat das Hand und Fuß und es sind nicht nur ein paar Spekulationen.

Da der Rennclub direkt Eigentümer des Grundstücks war, erklärt dies auch, warum die Immobilie bei den Enteignungen der Gebrüder v. Weinberg in der Magistratsakte 9392 nicht aufgeführt ist. Aber es muß dann eine andere Magistratsakte über die Enteignung des Rennclubs geben. Wo ist diese Magistratsakte? Und es stellt sich natürlich auch die Frage, warum diese Enteignung nach 1945 nicht wieder rückgängig gemacht worden ist..
Die Stellungnahme von Mark Gellert als Sprecher von Bürgermeister Cunitz, der auch Planungsreferent in Frankfurt ist, muß man sich einmal auf der Zunge zergehen lasse. In der Frankfurter Rundschau wird dies wie folgt beschrieben:

  • Bürgermeister Olaf Cunitz wies die Forderungen des Rennklubs nach einem Runden Tisch noch am Dienstagnachmittag zurück. An den Sachverhalten ändere sich gar nichts, sagte sein Sprecher Mark Gellert. „Es gibt keine Zukunft des Rennsports auf dem Gelände in Niederrad.“
  • Es existiere weder eine moralische noch rechtliche Verpflichtung der Kommune, den Rennbetrieb aufrechtzuerhalten. Die Freunde des Turfs hätten 2015 den Bürgerentscheid verloren. Das Büro des Bürgermeisters bestritt auch, dass in den 30er Jahren der Rennklub Besitzer des Grundstücks in Niederrad gewesen sei. „Die Stadt war damals Eigentümer.“

Die Grünen, die sonst bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit Schadensersatz und Wiedergutmachung für erlittenes Unrecht durch die Nazis fordern, wischt hier Forderungen einfach mal so vom Tisch, als wenn es um ein paar Brosamen geht.
Es ist deswegen äußerst unverständlich, daß die Stadt bzw. das Amtsgericht dem Rennklub die Einsicht in das Grundbuch und die Grundbuchakten verweigern. §12 der Grundbuchordnung gibt jedem, der ein berechtigtes Interesse nachweist, das Recht zur Einsichtnahme:

  • Die Einsicht des Grundbuchs ist jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Das gleiche gilt von Urkunden, auf die im Grundbuch zur Ergänzung einer Eintragung Bezug genommen ist, sowie von den noch nicht erledigten Eintragungsanträgen.

2011 hat die Presse das Recht um die Einsichtnahme in das Grundbuch einer Immobilie des damaligen Bundespräsidenten vor dem BGH erstritten. Und hier ist die Tragweite noch viel weitreichender. Hier geht es nicht um Verpflichtungen gegenüber Dritten, hier geht es um den Nachweis des Eigentums in vergangener Zeit.

Es wäre jetzt an der Zeit, daß der Magistrat das Grundbuch und die Grundakten des Rennbahngeländes ohne jede Einschränkung dem Rennklub und der Presse zur Einsichtnahme vorlegt. Die Tatsache, daß bei dem schweren Bombenangriff im Februar/März 1944 Teile des Grundbuchs vernichtet wurden, mag die Aussagekraft  der Unterlagen einschränken. Welche Unterlagen wirklich fehlen oder unvollständig sind, kann man erst abschätzen, wenn man diese hat sichten können.

Die Weigerung der Stadt muß man deswegen auch so interpretieren, daß dort Dinge stehen, die nicht in die Argumentation der Stadt passen. Und es bleibt die Frage, in welcher Magistratsakte die Unterlagen über die Rennbahn zusammengeführt wurden.

Oder deutlich formuliert: Die Grünen wollen jetzt mit Gewalt das Machwerk der Nazis, nämlich die Enteignung des Rennclubs vollenden. Dazu paßt ein Zitat des sozialistischen SchriftstellersIgnazio Silone :

  • Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus.

Aber damit nicht genug. Der Magistrat will mit Gewalt die Tabribüne mit Gewalt abreißen. Um dies zu verhindern, hat der Rennklub bei Gericht eine einstweilige Verfügung beantragt, mit der es der Stadt verboten ist, auf dem Rennbahngelände Baumaßnahmen durchzuführen oder die Rennbahn von den Versorgungsleitungen abzuschalten. Das Landgericht wollte dem Antrag nicht stattgeben, das OLG hat dem Antrag entsprochen und mehr noch. In der Begründung hat  das OLG festgestellt, daß der Rennklub nicht nur Geschäftsbetreiber der Hippodrom GmbH, sondern auch Besitzer der Rennbahn ist. Damit ist die Rechtsposition des Rennklubs deutlich gestärkt.

Man soll aber nicht zu früh jubeln, denn Urteile im Zuge einer einstweiligen Anordnung haben für das Hauptverfahren keine Bindungswirkung, aber der Zusatz in der Urteilsbegründung kann nicht mehr einfach vom Tisch gewischt werden.
Hilfreich für die Entscheidung war sicher auch die Äußerung des DFB-Projektleiters Oliver Bierhoff, der sich öffentlich geäußert hat, daß jetzt die Rennbahn platt gemacht wird.  Der Sprachductus dieses Herrn Bierhoff läßt tief blicken, wie man beim DFB mit anderen Sportarten umzugehen pflegt.

Wenn man Bierhoffs Worte  hört, dann fühlt man sich unweigerlich an den früheren Frankfurter OB Rudi Arndt erinnert, der einst die im Krieg beschädigte Frankfurter Oper in die Luft sprengen wollte und deswegen den Beinamen Dynamit-Rudi bekam. Aber genauso wie die alte Oper noch steht und Rudi Arndt überdauert hat, wird auch die Rennbahn Oliver Bierhoff überdauern.

Schützenhilfe bekommt der Rennclub von den BFF, den Bürgern für Frankfurt, die auch zur Sicherung der Tribüne ihr Wahlkampfbüro dahin verlegt haben. Das ist vor allem eine Geste und die BFF sind nur eine kleine Partei m Römer, aber die Wirkung soll man nicht unterschätzen. Eine Partei, die sich voll hinter den Rennsport stellt findet man in Deutschland nicht jeden Tag.

Damit es nicht langweilig wird, hat der Rennklub das Verfahren zur EU nach Brüssel gebracht. Dort prüft man jetzt, ob der Preis für den Verkauf der Rennbahn angemessen ist. Stadt und DFB argumentieren immer wieder, daß es sich um eine Sportstätte für die Fußballausbildung handelt bei einem gemeinnützigen Verein handelt.

Die Stadt drängt beim LG derweil auf einen zügigen Termin für die Räumungsklage, weil man endlich Räumen möchte. Ein Termin zur Verhandlung ist ja ganz nett, aber glaubt denn Bürgermeister Cunitz wirklich, daß er ein paar Tage später ein Urteil in den Händen hält, mit den er dann mit Plattmach-Olli den Bager anschmeißen und die Rennbahn platt machen kann? Woher weiß er denn, daß das Gericht der Argumentation der Stadt folgt – und eigentlich sollte er inzwischen an fünf Fingern abzählen können, daß ein negatives Urteil für den Rennklub beim OLG zur Revision gelangen wird. Ob irgendwann 2017 in der Sache ein vollstreckbares Urteil vorliegen wird? Die Naivität im Römer ist wirklich bemerkenswert.

Tatsache ist aber, daß der DFB als reichster Sportverband der Welt dort seine Hauptverwaltung einrichten möchte, ebenso werden die verschiedenen Unternehmen der DFB-Gruppe wie das Reisebüro und die Medien GmbH dort ihren Sitz und die Büroräume haben. Auch wegen der Vorfälle um die WM-Vergabe und die vermuteten Bestechungen ist dazu die Gemeinnützigkeit des DFB für die Zukunft nicht mehr gesichert.

Errichtet wird die Unternehmenszentrale einer Firmengruppe mit mehreren tausend Quadratmetern Bürofläche mit einer angegliederter Sport-Akademie. Auch wenn das sowohl von der Stadt als auch vom DFB geleugnet wird.

Und inzwischen ist der angeblich so honorige und rechtschaffende Vertragspartner in die schwere See der Korruption geraten. Was der Fifa das System Blatter ist, war beim DFB das System Niersbach. Inzwischen sind zwei der drei Projektverantwortlichen beim DFB wegen diverser Verfehlungen nicht mehr im Amt. An Bord ist noch Oliver Bierhoff – aber wie lange noch ist eine Frage.

Die Stadt muß sich inzwischen auch die Frage der Kosten in diesem Projekt gefallen lassen. 2 Mio hat Manfred Hellwig für die Gesellschafter-Anteile erhalten, weitere 3 Mio für die gemachten Aufwendungen – oder waren es insgesamt 3 Mio? Das läßt sich ohne Prüfung der Unterlagen nicht genau feststellen. 2,5 Mio bekommt der Golfplatzbetreiber, macht 5.,5 Mio im günstigen oder 7,5 Mio im ungünstigen Fall. Dazu kommen noch Forderungen des DFB wegen nicht termingerechter Übergabe des Grundstücks, Kosten für den Abbruch der Tribüne und anderer Anlagen und sonstige Kosten. Bleibt von den 6,8 Mio, die der DFB als Erbpacht bezahlt, eigentlich noch etwas übrig oder wurde das Geld schon wieder ausgegeben, damit die Stadt den Vertrag überhaupt erfüllen kann.

Bei den ganzen Entschädigungszahlungen bleibt auch die Frage, warum denn der Rennklub keine Entschädigung angeboten bekommen hat. Im Vertrag zwischen der Hippodrom GmbH und der Stadt ist unter §10 Abs. 2 bestimmt, daß daß bei einer vorzeitigen Beendigung des Mietvertrages die Ausgleichsansprüche der Untermieter [....] Rücksicht zu nehmen ist.  Der Rennklub ist Untermieter!

Am Sonntag sind Kommunalwahlen in Hessen. Bei der letzten Wahl hat die CDU bei einer von Wahlbeteiligung von 192.242 Frankfurtern einen Anteil von 30,6% oder 58.633 Stimmen bekommen, die Grünen erhielten 25,8% oder 49.598 Stimmen. Die Rennbahn hat beim Bürgerentscheid 62.900 oder 60,5% der abgegebenen Stimmen erhalten. Das waren absolut mehr Stimmen als jede Fraktion im Römer bei der letzten Wahl auf sich vereinen konnte.

Es wundert, daß weder Stadt noch DFB die Absicht erkennen lassen, den Bau der Verwaltungszentrale mit angeschlossener Akademie auf einem ausweichgrundstück in Angriff zu nehmen und für den Standort Rennbahn die Reißleine zu ziehen. Noch kann man das Gesicht wahren – aber wie lange noch.

Es scheint inzwischen, daß vor allem Bürgermeister Cunitz hier ein Exempel statuieren will – und koste es, was es wolle, den Galopprennsport aus Frankfurt zu vertreiben. Ob das eine kluge Entscheidung ist?

Frankfurt bleibt spannend – aber leider leidet der Sport darunter!

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2 Antworten auf Bewegte Tage in Frankfurt

  1. Claudia Garbe sagt:

    Danke für diesen sehr guten und ausführlichen Text über den gesamten Sachverhalt. Während des Durchlesens musste ich unausweichlich feststellen, dass von Seiten des Magistrats sehr entscheidende Dinge mit vollster Absicht vertuscht werden – weil der Pferderennsport in Frankfurt anscheinend nicht mehr erwünscht ist. Es zeigt ganz deutlich, dass es in Frankfurt nur “König” Fußball geben darf und keine anderen Sportarten mehr, die immerhin die längere Tradition und Geschichte aufweisen können. Dass der Magistrat und der DFB mit einer solchen Haltung nicht nur das Gemeinwohl und die Vielfalt des deutschen Sports missachten, sondern zudem ein wertvolles jüdisches Erbe, dass die Gebrüder v. Weinberg uns hinterlassen haben, mit Füßen treten, finde ich menschenverachtend und einfach nur abgrundtief armselig…
    Ich hoffe dennoch, dass die Wahrheit ans Licht kommen und siegen wird zugunsten der Rennbahn!

    • Eva Maria Limmer sagt:

      Möge die Wahrheit endlich ans Licht kommen-auch und besonders bzgl.der jüdischen Erbschaften!
      Mögen endlich die Pferde siegen!

      Das Edle nach vorn, das Fußvolk zurück auf die Plätze.

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