Während des Eröffnungsmeetings in Cheltenham Mitte November haben drei Pferde das Leben lassen müssen. Die Medien in Deutschland, auch und besonders die, die sonst nicht über Galopprennen berichtet, haben das natürlich aufgegriffen. Drei tote Pferde, da kann man sich mal wieder richtig echauffieren und den Galopprennsport als böse, tierquälerisch und blutrünstig beschimpfen. Man hat zwar keine oder nur wenig Kenntnis, aber das braucht es auch nicht, wenn man nur wild um sich schlagen und laut schimpfen will. Selbst angeblich seriöse Medien wie „die Welt“ stimmen ein, wenn man über den Rennsport mal wieder richtig herziehen kann!
Nach den inzwischen vorliegenden Informationen hat Abuffalosoldier, der beim, Interview des Jockeys nach dem Sieg zusammen gebrochen ist, einen Aortenabriß erlitten. Ebenso wurde der Wallach Bangers and Cash im Rennen wegen Kreislaufproblemen angehalten und ist dann verendet. Napper Tandy war gefallen und hat sich dabei Verletzungen zugezogen, die eine Tötung notwendig machten. Bei Pferden ist ein Beinbruch leider in den seltensten Fällen reparabel.
Kardiovaskuläre Erkrankungen, wie es im Medizinerdeutsch so schön heißt, gehören zum Leben leider dazu und plötzliche Todesfälle sind nicht auf Pferde beschränkt, sondern betreffen auch andere Sportlern, zB Fußballspieler, die im Spiel tot umfallen. Und es passiert auch in Ruhe, wie zB der Deckhengst Scat Daddy bei seinem winterlichen Spaziergang außerhalb der Decksaison tot umgefallen ist, weil er einen Aortenabriß erlitten hat.
Wer im Rennsport erinnert sich nicht an den großartigen Kauto Star? Ein Superheld der Rennbahn, in über 40 schweren Hindernisrennen gelaufen, nie etwas passiert und dann tobt er als Rentner auf der Weide und bricht sich das Rückgrat und war so schwer verletzt, daß er getötet werden mußte. Weidegang kann manchmal so tödlich sein wie ein Hindernisrennen.
179 tote Pferde im englischen Rennsport in diesem Jahr wurden in den sozialen Medien berichtet. Ich habe diese Zahl nicht verifiziert. Es kling zunächst viel, bei der Größe des Rennsports in Britannien und der Vielzahl der Starts (insgesamt nicht je Pferd) relativiert sich diese Zahl aber sehr schnell wieder. Mein Vater stellte früher dazu fest, das im Reitsport im Raum Düsseldorf in einem Jahr mehr Pferde wegen der Unfähigkeit der Freizeitreiter oder bei Unfällen oder durch Unwissen getötet werden müssen, als in einem Jahr auf Deutschlands Rennbahnen verunglücken. Und damals hatten wir 3000 Rennen im Jahr in Deutschland.
Unfälle passieren leider und manchmal. Sie sind nicht zu verhindern, weder im Spitzensport, noch bei den Freizeitreitern noch auf der Weide! Ich will den Tod eines Pferdes keinesfalls bagatellisieren oder kleinreden. Besonders für die Betroffenen ist es neben dem finanziellen Verlust immer eine sehr schmerzhafte Erfahrung. Aber der Tod gehört zum Leben dazu und mir scheint, daß wir diesen Zusammenhang nicht mehr akzeptieren wollen.
Am Ende möchte ich einmal feststellen, daß Galopprennen eine Gesundheits- und Leistungsprüfung sind und es liegt in der Natur der Sache, daß Prüfungen nicht von allen Teilnehmern bestanden werden, sowohl was die Leistung, als auch was die Gesundheit betrifft. Und ein Aortenabriß kann in Ruhe, wie bei Scat Daddy passieren oder wenn der Vollblüter dreimal die Weide hoch und runter läuft und dann gibt es eine Perforation und danach einen Riß in der Aorta. Wie gesagt, Weidegang kann sehr gefährlich sein.
Herzerkrankungen beim Pferd sind eher selten. Bei den Gesundheitsprüfungen ist meistens der Bewegungsapparat das Problem und bei den Gott sei Dank selten auftretenden Knochenbrüchen handelt es sich in der Regel um Splitterbrüche, die irreparabel sind. Verschiedene Versuche, hochreputierte Rennpferde für die Zucht zu retten, sind mit ganz wenigen Ausnahmen gescheitert – nicht weil der Bruch nicht heilen wollte, sondern weil das Pferd auf einem oder mehreren vormals gesunden Beinen eine Hufrehe bekam. Die damit verbundenen Schmerzen sind erheblich. Eine Entzündung der Huflederhaut, die den „lebenden“ des Hufes umschließt und in mit dem toten Teil, dem Hornschuh verbindet, gehört zu den extrem schmerzhaften Erkrankungen.
Wir erfreuen uns heute allgemein des modernen, leichtrittigen Reitpferdes und vergessen dabei, daß es dies erst durch die Einkreuzung von Vollblut so geworden ist, wie wir es heute kennen. Die schweren Warmblüter, die überall in der Landwirtschaft vor dem Wagen gingen, würde heute niemand mehr reiten wollen.Und es war der Vollblüter, der mit seiner Auslese auf der Rennbahn auch die Gesundheit und Belastbarkeit der Warmblüter erheblich verbessert hat.
Vor dem Krieg gab es eigentlich neben dem Vollblüter nur ein wirklich brauchbares Reitpferd in Deutschland und das war der Trakehner. Dort hat man „seit ewig“ auf Gesundheit und Leistungsbereitschaft gezüchtet und die Selektionsmethoden waren anders als im Rennsport, aber sehr konsequent. Mein Großvater, der vor dem Krieg regelmäßig in Trakehnen Pferde kaufte, hat sich dazu sehr deutlich geäußert.
Zum Abschluß einen kleinen Dialog, zwischen Friedrich dem Großen und dem General v. Seydlitz als Generalinspekteur der Kavallerie. Der König monierte die vielen Verletzungen, die bei der Ausbildung der Kavallerie-Soldaten berichtet wurden. Seydlitz antwortete: Wenn Euer Majestät eine schlagkräftige Kavallerie haben wollen, dürfen sich Euer Majestät sich über ein paar gebrochene Hälse keine Gedanken machen.
Und die Moral: Du kannst das eine (das gesunde und leistungsbereite Reitpferd) nicht haben, wenn Du das andere (Verletzungen bei der Gesundheitsprüfung) nicht bereit bist zu akzeptieren. Keine Rose ohne Dornen – bei den Pferden, in der Liebe oder sonstwo!!