Hengste und auch Wallache?

Erstmals in der 74-jährigen Geschichte der King George VI and Queen Elizabeth Stakes gewinnt ein Wallach den wichtigsten Altersvergleich Britanniens. Goliath heißt der „Übeltäter“, stammt von Adlerflug, wurde in Schlenderhan gezogen, steht im Besitz des jungen Baron Ullmann und wird in Frankreich von Francis-Henri Graffard trainiert. Aber nicht nur der Sieger, auch der Drittplazierte „Rebel’s Romance“ ist Wallach. Bei schneller Durchsicht meiner Daten war der bisher bestplazierte Wallach in dem Rennen 2013 der damals 7-jährige Cirrus des Aigles

Es stellt sich die Frage, warum Goliath überhaupt Wallach ist. Während die Engländer relativ schnell mit der Knipsschere bei der Hand sind, ist man in Deutschland wesentlich zurückhaltender. Wenn es keine medizinische Notwendigkeit gibt und das Pferd nicht schwierig im Umgang bzw im Rennen ist, bleibt er meistens Hengst. Betrachtet man den Rennfilm zu den King George, dann erscheint Goliath als ein ziemlich mächtiges Pferd und ich vermute, daß man sich zur Kastration entschieden hat, weil Hengste meistens kräftiger als Wallache sind und man Sorge um die Gesundheit der Beine hat. Wie gesagt, nur eine Vermutung, ich habe in Schlenderhan nicht nachgefragt

Im Arc darf er als Wallach nicht laufen und jetzt entbrennt eine heiße Diskussion darüber, den Arc auch für Wallache zu öffnen und dann vielleicht mit Ausnahme der klassischen Rennen den Ausschluß ganz abzuschaffen. Es wird dabei immer wieder auf Amerika hingewiesen.

Amerika scheint mir kein gutes Beispiel. In Amerika ist auch Doping erlaubt und in Europa und anderen Teilen der Welt ist es streng verboten.Wenn wir Amerika als Vorbild nehmen, dann können wir doch auch gleich die Dopingbestimmungen „amerikanisieren“ und vor allem in Deutschland die Regel abschaffen, daß Pferde die mit Medikamenten gelaufen sind, nicht als Deckhengst aufgestellt werden dürfen.

Warum nehmen wir nicht den japanischen Rennsport als Vorbild? Mir ist im Moment nicht bekannt, ob in den wichtigen Rennen Wallache explizit ausgeschlossen sind, aber insgesamt und auch auf der Hindernisbahn spielen Wallache in den Pattern-Rennen kaum eine Rolle. Ich habe in diesem und im letzten Jahr sehr viele japanische Rennen gepflegt und deswegen einen recht guten Eindruck und Überblick. Wallache findet man in den wichtigen Rennen nur sehr vereinzelt. Im Basissport kommen sie häufiger vor, aber bei weitem nicht in der Menge, in der sie in Europa anzutreffen sind.

Was spricht gegen die Öffnung aller Rennen für Wallache? Sie sind leichter, im Sinne eines geringeren Körpergewichts, was die sensiblen Beine schont, sie sind einfacher in der Handhabung. Man muß nicht immer auf die Stuten achten, man kann sie zu mehreren auf die Weide stellen, ohne daß es gleich eine große Schlägerei um die Vorherrschaft in der Herde gibt und der Umgang insgesamt ist einfacher.

Auf den ersten Blick haben Wallache also vor allem viele Vorteile.

Die Entscheidung sollte man aber nicht treffen, ohne eine Blick in das Tierzuchtgesetz zu werfen und nicht, ohne sich auf die Geschichte des Rennsports zu besinnen. Der Rennsport ist nämlich kein Sport wie jeder andere, sondern eigentlich keine wirkliche Sportveranstaltung, sondern eine Tierzuchtleistungsprüfung. Daß Galopprennen nicht den Anstrich einer behördlichen Prüfung haben, sondern eine Freizeitveranstaltung für Kumpel und Könige wurden und sind, ist einer Vielzahl glücklicher Umstände zu verdanken.

Aber alles Lametta, alle Champagnerstände und Damen mit großen Hüten in Begleitung feiner Herren dürfen nicht darüber hinweg täuschen, daß auf der Rennbahn Leistungsprüfungen, eine Auslese für die Zucht stattfindet.

Einige wenige Privilegien, die der Galoppsport noch hat, sind auch mit der Leistungsprüfung im Sinne des Tierzuchtgesetzes begründet. Würde man also diesen Zuchtcharakter der Rennen aufgeben, können auch die Privilegien verloren gehen.

Aber ich schweife ein wenig ab, denn es geht um den Arc und der wird in Frankreich und nicht in Deutschland gelaufen. Natürlich kann man den Arc auch für Wallache öffnen. Denn auch mit Wallachen am Start sind Galopprennen schöne Veranstaltungen.

Aber wo bleibt dann der Charakter des Galoppsports als Zuchtleistungsprüfung? Es ist ja eher selten der große Knall, der Veränderungen bringt. Es ist viel mehr ein schleichender Prozeß.. Erst wurden die Gruppe-Rennen für Wallache geöffnet, jetzt soll der Arc geöffnet werden und demnächst sind die Klassiker dran – und dann werden die Top-Rennen in einem Jahr von Wallachen gewonnen und in die Zucht kommen die zweitklassigen Hengste.

Das kann und darf es nicht sein und deswegen muß der Arc für Wallache geschlossen bleiben!!

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24 Antworten auf Hengste und auch Wallache?

  1. Theo Epping sagt:

    Wallache sind auch Vollblüter. Leistungsprüfungen sind keine Zuchprüfungen.
    Solange sich die Gründe für eine Kastration nicht grundlegend ändern, werden auch nicht mehr Wallache in diese Klasse aufsteigen.
    Viel gefährlicher wäre es, bei den Stuten eine Körung eizuführen.

    Denken Sie nur mal an eine Sacarina – …

  2. kassandro sagt:

    Natürlich machen auch Wallache eine Zuchtaussage, nämlich über ihren Vater und ihre Mutter.
    Wenn man bedenkt, welch große Rolle Testosteron und die mit ihm eng verwandten anabolen Steroide beim Doping spielen, ist es sehr verwunderlich, dass der Leistungsvorsprung der Hengste gegenüber Stuten und Wallachen so gering ist, wobei bei Wallachen auch noch eine Negativselektion stattfindet und es im Gegensatz zu Stuten es auch keine Gewichtserlaubnis gibt. Beim Menschen, gibt es zwar keine Wallache mehr, was ich sehr bedauerlich finde, denn viele Männer können wie viele Hengste nicht richtig mit ihrem Testosteron-Spiegel umgehen, aber der körperliche Leistungsuntschied zwischen Mann und Frau ist beim Menschen viel größer als beim Pferd. Testosteron fördert die Muskel- aber auch die Knochenbildung und die Bildung von roten Blutkörperchen, was wiederum die Aufnahme erhöht. Letzte Eigenschaft wurde auch bei Pferden schon vom Gestüt Graditz unter den Lehndorffs festgestellt, wobei hier die Negativ-Selektion bei Wallachen die Untersuchungen verfälscht haben könnte. Leistungsstarke Hengste sollten tendenziell mehr rote Blutkörperchen haben als leistungsschwache. So ist es jedenfalls beim Menschen. Zudem verringert Testosteron die Fettbildung. Insgesamt soll Testosteron sogar trotz der größeren Muskel- und Knochenmasse das Gewicht verringern. Testosteron senkt den sogenannten Body-Mass-Index. Testosteron hat also sehr viele Vorteile im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit. Dem stehen natürlich auch gewichtige Nachteile gegenüber, insbesondere wenn man bei der Testosteron-Zufuhr künstlich nachhilft. Besonders die Krebsbildung soll durch Testosteron gefördert werden. Insgesamt war schon im Mittelalter bekannt, das Eunuchen eine deutlich höhere Lebenserwartung haben als Normalo-Männer. Insgesamt dürfte der höhere Testosteron-Spiegel zusammen mit dem Fehlen eines zweiten X-Chromosoms, wodurch genetische Defizite auf dem anderen X-Chromosom augeglichen werden können, für die geringere Lebenserwartung von Männern gegenüber Frauen verantwortlich sein.

    • Theo Epping sagt:

      Sehr wissenschaftlich. Soll jetzt heißen, ja, Wallache zulassen oder nein?

      • kassandro sagt:

        Wo ältere Pferde zugelassen werden, sollten auch Wallache laufen dürfen. Der Arc ist die einzige mir bekannte Ausnahme. Die Franzosen hat mit Cirrus des Aigles lange Zeit den wohl erfolgreichsten europäischen Wallach aller Zeiten. Seine Idealdistanz lag bei 2000m, aber er hat auch wichtige Rennen über 2400m gewonnen. Da gab es auch schon diese letztlich vergebliche Diskussion. Hier das epische Duell zwischen Cirrus und den großartigen So You Think:
        https://www.youtube.com/watch?v=8QnC2KjEiHY

        • Blücher sagt:

          Leider kann man den Link nicht direkt aufrufen. Habe versucht, es zu ändern, klappt aber nicht. Also kopieren und in den Browser einfügen.

    • Blücher sagt:

      Alles richtig. Graf Lehndorff hat auch die unterschiedliche Anzahl der roten Blutkörpechen bei Hengsten, Stuten und Wallachen fest gestellt. Früher hatten Wallache auf Basis dieser Zählung auch eine Gewichtserlaubnis. Stuten bekamen 2 kg und Wallache 1,5 kg.

      Aber bei all dem sollte man sich immer wieder in Erinnerung rufen, daß die Rennbahn vor allem der Zuchtauslese dient. Die besten sollen in die Zucht und dann sind demnächst die fünf besten eines Jahrgangs Wallache – und dann?

      Man denke mal an Oleander – nach heutigen Maßstäben wäre er dreijährig kastriert worden, weil man ja sowieso nicht wußte, ob der Beckenbruch wieder heilt etc.. Es ist vor allem oder vielleicht sogar alleine George Arnull zu verdanken, daß seine Karriere wie bekannt verlief und er dann auch noch eine Zuchtkarriere hatte.

      Ich würde deswegen den umgekehrten Weg gehen. Gruppe-1 Rennen, als besonders bedeutend für den Rennsport angesehen werden, werden für Wallache geschlossen. Also King George, Champion Stakes etc.. Galopprennen nicht als schnöde Sportveranstaltung für die Massen, sondern als Prüfung für die Zuchttauglichkeit der Pferde.

      • Theo Epping sagt:

        Wenn Sie es so darstellen, bin ich ganz bei Ihnen.
        Dann muss sich aber der Rennbahn-Zirkus beinahe auf den Kopf stellen.
        Das halte ich für eher zweifelhaft.
        Nehmen wir nur mal die deutsche Dreifache Krone, die ist doch nur noch Blech.

        • Blücher sagt:

          Nein, ist kein Blech.
          Es gibt schlicht und einfach keine Pferde mehr, die die Meile und die 1 1/2 Meilen laufen. Und im Herbst gibt es so viel hoch dotierte Rennen, daß0 die Leger in Dtld kaum noch eine Option ist.
          Wir hatten nach Königsstuhl folgende Sieger im Henckel-Rennen und im Derby
          1981 Orofino (war nach dem Derby übern Berg)
          1986 Philipo (nach dem Derby habe ich keine Form mehr)
          1996 Lavirco (Gewann im Herbst Preis von Europa mit viel höherer Dotierung)
          Danach gab es keine Doppelsieger in beiden Rennen.

          • Old Vollblut sagt:

            Philipo lief 1986 nach dem Derby (und dem Besitzerwechsel) nur noch einmal im vom Briten Highland Chieftain gewonnenen Bayerischen Zuchtrennen (damals Gr. II und noch nicht als Gr. Dallmayr-Preis gelaufen), wo er als Favorit nur Fünfter wurde. Danach war Schluss für 1986. Im nächsten Frühjahr verstarb er während des Trainings (Zusammenbruch nach Herzversagen).

          • Blücher sagt:

            @Old Vollblut
            Danke für die Antwort. Wußte, daß da was war, aber nicht mehr genau, wie es war.

          • Theo Epping sagt:

            Philipo war die Überraschung meines beruflichen Lebens, er stand in Iffezheim, im Boxendorf, neben uns. Ich habe selten einen armseeligeren, unscheinbareren Jährling gesehen. Der hatte absolut nichts, das ihn für sich eingenommen hätte. Die späteren Käufer von Philipo, haben ihn nur gekauft, weil der Trainer, Helmut Stegoweit keinen Kronenkranich, unseren Mandolino, im Stall haben wollte.
            Wer sich Philipo bezüglich irgend welche Seherischen Fähigkeiten an den Hut steckt, der lügt.

  3. martillo sagt:

    wir haben in Deutschland einen Deckhengst der ist Einhoder

    • Theo Epping sagt:

      Wer ist der Kryptorchide Deckhengst,
      Abary wurde deshalb in Frankreich aufgestellt.
      Das ist eine interessante Frage, zulassen oder aussortieren.

    • kassandro sagt:

      Kann mir nicht vorstellen, dass Baum einen Einhoder als Deckhengst aufstellt und ihn kräftig unterstützt. Man darf mit solch einen Hengst züchten, bekommt aber dann auch keine Züchterprämie.
      Liang Kay war meines Wissens Einhoder und hat sich gemessen an seinen Möglichkeiten gut vererbt. Trotzdem hat seine Besitzerin schnell das Handtuch geworfen.

  4. martillo sagt:

    der Gute heißt Waldpfad

  5. martillo sagt:

    ich denke heute hat Geld die Macht

    • Theo Epping sagt:

      Das war nie anders und in Fährhof hat es an Geld auch nicht gemangelt, das kann eigentlich nicht die Erklärung sein.

      • Theo Epping sagt:

        Ich könnte mir eher vorstellen, dass die deutschen Gesetze, den EU- Gesetzen angepasst werden… müssen.

        • Blücher sagt:

          Ein EU-Gesetz über Klopphengste?? Also die in Brüssel sind ja bekloppt und machtgierig. Aber das es dazu eine EU-Regel gibt, glaube ich erst, wenn ich sie gelesen habe.

          • Theo Epping sagt:

            Sie haben mich völlig falsch verstanden.
            Nicht die EU hat Gesetze und Regel im Bezug auf z.B. Klopphengste, sondern im deutschen Körgesetz ist der Umgang mit solchen Hengsten geregelt, genauso wie ein Überbeißer in Deutschland nicht gekört wird.
            Diese Beschänkungen gibt es in anderen Ländern so nicht und meine Überlegung ist, dass diese vieleicht aufgehoben worden sein könnten.

            Abary durfte in Deutschland nicht decken, bzw. die Produckte waren hier nicht Züchterpämien berechtigt. Wittekindshof hat Seinerzeit
            The Queen zu Abary nach Frankreich geschickt und das Produckt Transformator wurde hier anerkannt.

      • martin sagt:

        mit nem ordentlichen attest wird die kommission schnell überzeugt

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