Ein historischer Sieg

Meines Vaters Pferde ist nicht nur ein sehr schöner Roman von C. F. Laar, sondern zuweilen sind sie auch das Sprungbrett zu einer Karriere mit frühen Höhepunkten. Mit dem gerade 18 Jahre alten Amateur Dennis Schiergen im Sattel siegt die von seinem Vater trainierte Nymphea  im 123. Großen Preis von Berlin. Damit wurde mit größter Wahrscheinlichkeit erstmals der Sieger eines Gruppe-Rennens in Europa und wahrscheinlich auch in der Welt von einem Amateur geritten. Die Sieger-Zeit von 2:26,3 ist die Zweitschnellste, die in Hoppegarten in einem großen Rennen jemals gelaufen wurde. Nur All my Dreams mit Kevin Woodburn war 1995 im BMW-Europachampionat mit 2:26,2 noch eine zehntel Sekunde schneller.

Der Amateurrennsport in Deutschland hat viele große und sehr große Reiter hervorgebracht, aber einen Erfolg oder eine Platzierung in einem Gruppe-Rennen ist einem deutschem Amateur noch nicht gelungen. 1931 ritt der französische Amateur Comte de la Forest mit “La Furka” im Großen Preis von Baden auf den zweiten Platz, 1997 wurde die Schweizer Amateurrennreiterin Marlies Gloor mit dem von Peter Remmert trainierten Nautiker im Premio Chiusura in Mailand Dritte und schließlich wurde die Französin Anne Sophie Pacault auf dem von ihr selbst trainierten Representing mit einer Nase geschlagen Zweite in der Engelbert Strauss Trophy in Baden-Baden. Die Platzierungen von Manfred Hofer, der nach seiner Profi-Karriere noch einmal als Amateur in den Sattel gestiegen war, lasse ich außen vor. Vor dem Sieg hat Dennis Schiergen schon einige Platzierungen in Gruppe-Rennen geritten. Zuletzt war er mit dem leider verunglückten Orsello Dritter in der Kölner Union.

Das Rennen ist schnell berichtet. Aus der Maschine heraus setzte sich Nymphea direkt an die Spitze des kleinen Feldes. Es sah aus, als wenn sie mächtig in die Hand ging und ihr Reiter ließ sie einfach galoppieren. Dennis Schiergen machte aus der Not der pullenden Stute das Beste und ließ sie einfach gehen, statt sich auf einen Kampf einzulassen. Teilweise waren es 20 oder 30 Längen, die sie vor dem Feld galoppierte und sie kam mit großem Vorsprung in die Gerade. Dort wurde sie zwar etwas kürzer, aber keiner der Gegner kam mehr in ihre Nähe oder stellte sie gar zum Kampf. Und die Siegerin mit ihrem jungen Reiter hatte das Publikum auf seiner Seite: es feuerte das Paar lautstark an!

Es sei dahin gestellt, ob der Ausgang des Rennens anders gewesen wäre, wenn die anderen Teilnehmer sich mehr rangehalten hätten – Drin ist drin und draußen ist dunkel.

Das Interview nach dem Rennen war dem Ritt entsprechend: Die Stute hatte Lust zu galoppieren und da habe ich sie gelassen. Der Ausspruch ist schon fast marketingreif, Pferde galoppieren halt gerne, weil sie Lust dazu haben und nicht weil sie angeblich gezwungen werden, wie manche selbsternannte Tierschützer immer wieder Glauben machen wollen.

Es war sicher nicht der bestbesetzte Große Preis von Berlin in der langen Geschichte des Rennens. Zwei Wochen nach dem Derby ist einfach zu kurz für die guten Dreijährigen. Mit dem Derbydritten Nordvulkan war auch nur ein Dreijähriger im Rennen und der hatte mit dem Ausgang des Rennens leider nichts zu tun. Der Derbyjahrgang gilt dieses Jahr als nicht sehr stark. Was er wirklich kann, wird man im Herbst sehen. Der Große Preis von Berlin ist dieses Jahr kein Maßstab dafür. 175.000 Euro Gesamtdotierung sind auch zu wenig für ein Rennen mit internationalem Anspruch. Die deutschen Pferde gelten in Europa als zu gut, um gegen sie mit der zweiten Garnitur aus Frankreich oder England zu gewinnen und für die erste Garde ist die Dotierung nicht interessant. In entsprechenden Rennen in England und Frankreich gibt es mehr als doppeltes Geld. Der Veranstalter hätte besser das Listenrennen mit 40.000 Euro ausgeschrieben, dann wäre es immer noch das wertvollste Listenrennen Deutschlands gewesen und den Großen Preis mit angemessenen 200.000+X Euro dotiert. Der internationalen Reputation des Rennens hätte es sehr gut zu Gesicht gestanden!

Am Ende war es ein sehr gelungener Renntag mit sehr guter Fernsehpräsenz im RBB und mit einem Sieger, der noch für viel mediales Echo sorgen wird!

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