Die Grand National polarisiert – die einen lieben sie, die anderen hassen sie. Aber auch die, die sie hassen, können sich einer gewissen Faszination nicht entziehen und wer von den Aktiven würde nicht gerne mal im Führring oder noch lieber in der Winners Enclosure stehen, weil man einen Starter oder gar einen Sieger in dem berühmtesten Rennen der Welt hat.
Viele, sehr viele Reiter träumen davon, einmal den großen Kurs in Aintree zu reiten. Und dieser Traum wurde einst mit keiner Geringeren als der ebenso weltberühmten Elizabeth Taylor verfilmt. Ein rührender Familienfilm, der 1944 in die Kinos kam, als Europa im Krieg versank, tat so ein Rührstück den geschundenen Seelen gut.
Einmal in einer Dekade wird der Film im TV gezeigt – ein Rührstück das man immer gerne wieder ansieht und sich über die geschrumpften Hindernisse amüsiert, über die Velvet ihren Pie trainiert. Über die Unstimmigkeiten aus renntechnischer Sicht guckt man da gerne hinweg.
Aber vom Film zurück in die Realität. In den angelsächsischen Ländern war man sehr restriktiv, was Frauen im Rennsattel betrifft. Eine Gräfin Lata Brandis, die 1937 die große Pardubitzer mit der Stute Norma gewann, wäre in England nicht möglich gewesen. Frauen durften nicht trainieren und schon gar nicht in den Sattel steigen. In den USA wollte man Kathryn Kusner in den 70ern eine Jockey-Lizenz mit der Begründung verweigern, daß sie die Pferde ja nicht richtig festhalten könne und das im Rennen eine Gefahr für die anderen Reiter sei. Kusner war Olympiareiterin 1964, 1968 und Medaillengewinnerin 1972.
Von „National Velvet“ zu „National Rachael“ sollten dann noch einmal 77 Jahre vergehen und es gab noch viele Hindernisse zu überwinden, um das Filmmärchen wahr werden zu lassen. Es war nicht ein einziger Kraftakt, es waren viele kleine Schritte auf dem Weg zum „Rendez vous mit dem Ruhm“
Der Sex Discrimination Act von 1975 machte es möglich, daß Frauen Rennen reiten durften. Die erste Frau, die in der Grand National ritt, war 1977 Charlotte Brew mit Barony Fort, die den Kjurs nicht beendete. Die erste Reiterin im Ziel der Grand National war 1982 Geraldine Rees, die als Achte und Letzte über die Ziellinie ritt – auf einem geschlagenen Pferd und eigentlich hätte auch sie anhalten müssen. Aber es war verständlich, daß sich Pferd und Reiter ins Ziel schleppten. Damals waren die Hindernisse auf dem Grand National Kurs noch von ganz anderem Format, als dies heute Fall ist, Wer die Bilder von Red Rum über Bechers Brook kennt, weiß wie der Kurs damals gestaltet war. Die Entschärfung der Sprünge hat in den 90ern begonnen.
Erste Reiterin mit reellen Siegchancen war die Irin Katie Walsh 2012 mit dem Co-Favoriten Seabass. Sie kam als Dritte über die Linie, geschlagen mit Nase und fünf Längen. Die sympathische Amateurreiterin aus einer echten Rennsportfamilie ritt damals in vielen großen Hindernisrennen nach vorne – und wenn sie die Liverpooler gewonnen hätte, dann hätte es nach den damaligen Presseberichten bei den Buchmachern ein ziemliches „Blutbad“ gegeben. Halb Irland hatte drauf gestellt.
In den Folgejahren sollte keine Reiterin in der Grand National 1-2-3 einkommen. Rachael Blackmore kam 2019 mit dem Anzillero-Sohn Valseur Lido als Zehnte über die Linie – und dann der Triumph 2021. 2020 war das Grand National Meeting wegen Corona ausgefallen und die Austragung 2021 fand fast ohne Publikum auf der Bahn statt. Die Aktiven bildeten nach jedem Rennen ein Spalier und feierten den Sieger des Rennens – toll gemacht, aber nicht vergleichbar mit einer vollen Bahn. Ich erinnere mich noch an den dritten Sieg von Red Rum in der Grand National 1977, als die berittene Polizei es kaum schaffte, eine Gasse in der Menge zu bilden, durch die Red Rum mit Tommy Stack als Sieger zur Waage zurück kam. Wahrscheinlich wäre es 2021 für Rachael Blackmore und Minella Times ähnlich gewesen. Für den großen irischen Besitzer John P McManus war es der zweite Sieg in der Grand National – aber das war damals eher eine Randnotiz.
2021 wurde für Rachael Blackmore insgesamt ein großartiges Jahr. Beim Cheltenham Festival wurde sie mit sechs Siegen erfolgreichster Reiter. Bester Sieg war der Erfolg im Triumph Hurdle mit dem Fährhofer Maxios Sohn Quilixios, der dann drei Wochen später noch einmal getoppt werden sollte. Im Gold Cup wurde sie mit A Plus Tard Zweite, ein Jahr später 2022 gewann das Paar den Gold Cup in Cheltenham.
Erfolge haben bekanntlich viele Väter und auch bei Rachael Blackmore ist es nicht anders. Angefangen natürlich bei den Eltern. Der Vater ist Farmer und auf dem Land, auf einem Hof leben Kinder anders als in der Stadt – ein Pony gehört zur Ausstattung, weil die Kosten auf einem Bauernhof dafür nicht ins Gewicht fallen, was ist der Stadt ganz anders ist.
Die Racingpost nennt viele Weggefährten und Wegbereiter für sie – am Ende ist aber Henry de Bromhead die entscheidende Figur für den Erfolg. Nicht nur, weil er ihr Arbeitgeber ist und sie beritten macht. Sie sagt ganz klar: „Ohne Henry wäre meine Geschichte sehr unterschiedlich“. Er ist auch der Trainer von 16 Ihrer 18 Festival-Siege in Cheltenham, die beiden anderen kommen von Willie Mullins.
Ihren ersten Sieger „under rules“ ritt sie mit einer Amateurlizenz, wie ihr auf der Flachen und in der Welt erfolgreiche Landsmann Ryan Moore es auch gemacht hat. Und viele andere ebenso. Auch auf den Inseln dürfen die Stifte im ersten Ausbildungs-Jahr eigentlich keine Rennen reiten, aber wenn sie vorher mit einer Amateurlizenz geritten haben, wird Dispens erteilt.
Nachfolgend die 18 Festival-Sieger im Überblick. Die Racing Post hat den CV von Rachael einmal kurz zusammen gefaßt., den ich hier wiederhole.
Erwähnenswert ist Ihre Wahl zum BBC Sports Personality of the Year 2021, bei der sie Formel-1 Piloten und Olympia-Sportler hinter sich ließ. Der Galoppsport hat auf den Inseln eben noch einen ganz anderen Stellenwert!
Für Hindernisreiter ungewöhnlich ritt sie auch auf der Flachen und insgesamt zwölf Sieger. Bemerkenswert der Erfolg in den zur Gruppe 3 zählenden „William Hill Bronte Cup Fillies’ Stakes“ mit der Sea the Moon Tochter „Term of Endeament“. 58 kg hat sie ausgewogen, für einen Hindernisreiter ein „Briefmarkengewicht“.
Rachael Blackmore CV
Born Co. Tipperary, July 11, 1989
Parents Charles Blackmore (Tipperary farmer) & Eimir Blackmore (schoolteacher)
Educated University of Limerick (degree in equine science)
Apprenticeship amateur rider with Shark Hanlon
First winner under rules Stowaway Pearl (trainer Shark Hanlon) lady riders’; handicap hurdle, Thurles, February 10, 2011
First winner as professional Most Honourable, Clonmel, September 3, 2015
First Pattern winner Blow By Blow (2018 Michael Purcell Memorial Novice Hurdle)
First Cheltenham Festival winner A Plus Tard (2019 Close Brothers Novices’ Handicap Chase)
First Grade 1 winner Minella Indo (2019 Albert Bartlett Novices’ Hurdle)
Grand National winner Minella Times (2021)
Cheltenham Gold Cup winner A Plus Tard (2022)
Champion Hurdle winner Honeysuckle (2021, 2022)
Irish Champion Hurdle winner (Leopardstown) Honeysuckle (2020, 2021, 2022)
Punchestown Champion Hurdle winner Honeysuckle (2021, 2022)
Queen Mother Champion Chase winner Captain Guinness (2024)
Ryanair Chase winners Allaho (2021), Envoi Allen (2023)
Stayers’ Hurdle winner Bob Olinger (2025)
Last winner Ma Belle Etoile, Cork, May 10, 2025
Highest-rated mount A Plus Tard (RPR 181 in 2022 Cheltenham Gold Cup)
Top jockey at Cheltenham Festival 2021 (6 wins)
Cheltenham Festival wins 18
Champion conditional jockey 2016-17
Runner-up in jump jockeys’ championship 2018-19, 2020-21
Most wins in a season 100 in 2020-21 (Ireland 92, GB
Total wins over jumps 564 (Ireland 527, GB 37) plus 12 on Flat
Sportswoman of the Year 2021 (Irish Times/Sport Ireland award)
(C) Copyright: Racingpost, Compiled by John Randall
Die Frage nach der Zukunft hat sie offen gelassen – sie sprach die Leere an, die sie erleben wird, weil sie kein Jockey mehr ist, was der Terminstreß nicht mehr sein wird. Ich bin sicher, daß sie Ihren weg finden wird.
Sie wird immer eine ganz große Ausnahmesportlerin bleiben, sie ist die erste Frau, die den Sieger in der Grand National und im Cheltenham Gold Cup geritten hat. Irgendwann werden ihr andere Folgen, aber der Erste zu sein, war ist und bleibt immer etwas besonderes!
Alles gute für die Zukunft Lady!
Grand National 2021 Minella Times
Cheltenham Gold Cup 2022 A Plus Tard
Gut geschrieben und recherchiert, Herr Rumstich.