Der Große Preis von Berlin kehrt zurück zu seinen Wurzeln – nach Hoppegarten. Als Düsseldorfer sieht man den Verlust mit einem weinenden Auge, als Freund der Hoppegartener Bahn vor den Toren Berlins und als Traditionalist freut man sich.
Die erste Austragung wurde 1888 entschiedenen und der Sieger hieß Durchgänger im Besitz von W. Hiestrich und geritten von G. Sear. Das Rennen war von Anfang an für die Elite der deutschen Vollblüter konzipiert und dem Großen Preis von Baden oder dem Großen Preis von Hamburg ebenbürtig. 1913 betrug die Dotierung erstmals 100.000 Mark, was heute in etwa dem Wert von 500.000 oder 600.000 EUR entsprechen würde. Es gab nicht viele Rennen im Deutschen Reich, in denen so viel Geld zu gewinnen war.
1909 zog das Rennen auf die neu geschaffene Grunewald-Bahn um und sollte dort bis 1933 bleiben. Die Rennbahn mußte dem Olympiastadion weichen und so kehrte der Große Preis von Berlin wieder nach Hoppegarten zurück. Unter dem NS-Regime wurde der Titel in 1937 in Großer Preis der Reichshauptstadt geändert und unter diesem Titel bis 1944 gelaufen.
Nach Kriegsende ging Hoppegarten für den bundesdeutschen Rennsport verloren und das Rennen wurde unter dem Titel Großer Preis von Nordrhein-Westfalen seit 1947 in Düsseldorf ausgetragen. Auch damals betrug die Dotierung 100.000 Mark. Es waren aber leider nur Papiermark, für die man nicht viel kaufen konnte. 1976 schließlich wurde der letzte große Preis von Nordrhein-Westfalen gelaufen. Das Land Nordrhein-Westfalen zog sich als Folge des Wettskandals Mitte der 70iger aus dem Sponsoring des Rennens zurück und 1977 war der Titel wieder Großer Preis von Berlin. Nach 1988 wechselte der Titel je nach Sponsor.
Ds Rennen hat große und größte Sieger gesehen, von denen zwei zuerst erwähnt werden müssen. Ticino gewann den Großen Preis von Berlin 1942,1943 und 1944 und war damit der erste dreifacher Sieger. 1963, 1964 und 1965 sollte Mercurius mit ihm gleichziehen und als zweiter “Dreifacher” in die Geschichte des Rennens eingehen.
Die Liste der Doppelsieger ist lang: Oleander, Sturmvogel, Windwurf, Augias, Windbruch, Ungaro, Abary, Lombard, Nebos und Mangon gewannen das Rennen zweimal.
Die bedeutendsten Sieger waren aber wohl zwei Stuten: Corrida aus dem Besitz von Marcel Boussac siegte 1937 und verhinderte die Tripplette von Sturmvogel und die deutsche Wunderstute Schwarzgold. Corrida ist Doppelsiegerin im Arc und war zusätzlich 1935 Dritte in dem bedeutenden Pariser Rennen. Sturmvogel und Corrida trafen im Herbst im Arc noch einmal aufeinander- Corrida siegte und Sturmvogel wurde fünfter.
Schwarzgold deklassierte 1940 die Gegner. Offiziell war der Richterspruch “Weile”, im Film der Wochenschau sieht der Vorsprung zum Stall- und Trainingsgefährten Samurai wie reichlich 100m aus. Es gibt wohl keinen überlegeneren Sieger in diesem Rennen.
2002 siegte Marienbard aus dem Godolphin-Imperium auf dem Grafenberg. Dem Sieg in Düsseldorf über den zehnjährigen Yavana’s Pace Pace sollte ein Sieg im Großen Preis von Baden und als Krönung ein Sieg im Arc des gleichen Jahres folgen. Hätte nach dem Rennen jemand gesagt, daß da gerade der Arc-Sieger des gleichen Jahres gewonnen hat, hätte man wohl leise gelächelt, denn die Gegner galten als nicht so stark..
Ein Höhepunkt in der Geschichte des Rennens in Düsseldorf war sicherlich der Start von Le Pretendant im Besitz von Sir Winston Churchill, dem legendären britischen Premierminister. Le Pretendant war nicht von überragender Klasse und er wurde schließlich Neunter in einem Feld von 11 Pferden. Aber die Tatsache daß sein berühmter Besitzer selbst nach Düsseldorf reiste, bescherte der Bahn einen Massenbesuch, wie sie ihn wohl vorher und nachher nicht erlebt hat. Mein Vater drückte es immer sehr plastisch aus: die Bahn war so voll, dass selbst die Ohnmächtigen senkrecht gelagert werden mußten, weil kein Platz gewesen war, sie hinzulegen.
Im alten Hoppegarten wurde das Rennen überwiegend über die klassische Distanz von 2400 m gelaufen, in Düsseldorf 1948-1964 über 2600 m. Es waren echte Steherqualitäten gefragt. 1965 kehrte man wieder auf die klassischen 2400 m zurück. Es wurde wohl schwieriger, für die weiten 2600 m ausreichende Starter zu bekommen. Hinzu kam, dass durch die Einführung der Startmaschine und die Pflicht, 150 m geradeaus zu reiten, die Startstelle an der 2600m die Anforderungen nicht mehr erfüllte.
Das Rennen war auch immer die erste Altersvergleich und Standortbestimmung der Dreijährigen auf höchstem Niveau. Drei Wochen nach dem Derby waren oft die vorne Plazierten Pferde von Hamburg zu Gast in Düsseldorf und mußte Ehre für den Derbyjahrgang einlegen. 23mal siegte der Derbyjahrgang und 40mal ging das Rennen an die älteren Pferde. Viermal konnte der Derbysieger seinen Hamburger Triumph unmittelbar bestätigen: 1950 Niederländer, 1952 Mangon, 1970 Alpenkönig und 1989 Mondrian.
Die generelle Tendenz, die Pferde immer weniger starten zu lassen, hatte auch in den letzten Jahren Einfluß auf die Besetzung des Rennens. Es lief immer weniger Dreijährige und der nicht ganz einfache Düsseldorfer Kurs schreckte häufig Ausländer davon ab, in dem Rennen laufen zu lassen. Es fehlte häufig an Masse, auch wenn die Klasse eigentlich immer gut vertreten war.
Nachdem die Diana nach Düsseldorf wechselte und dann noch in den August verlegt wurde, verlor das einstige Highlight der Grafenberger Saison die einztige Bedeutung. Dazu fehlt es an einem Sponsor, der das hochdotierte Rennen nachhaltig unterstützte. Der Umzug des Rennens war irgendwo absehbar und daß jetzt wieder in Berlin die Boxen aufgehen, ist sicher auch Folge der sehr erfolgreichen Arbeit von Gerhard Schöningh.
Über Startermangel kann man sich bei der ersten Neuaustragung in Hoppegarten nicht beklagen. 10 Pferde wurden als Starter angegeben und auch die Klasse des Feldes ist vorzüglich. In den wesentlich besser dotieren “King George” in Ascot starten nur fünf Pferde.
Die Dreijährigen werden durch den Lokalmatador Gereon und Danedream vertreten. Gereon war über Winter zu einer ganz großen Hoffnung heran gereift, debutiere im Mehl-Mülhens-Rennen in Köln sehr gut und scheiterte nur an einem sehr starken Gegner. In der Union war der Rennverlauf nicht sehr glücklich und das Derby sollte man streichen. Er war irgendwie nie richtig im Rennen und wurde früh in Ruhe gelassen. Danedream war Dritte im Derby Italiano und ist Siegerin in den Oaks d’Italia und war danach fünfte im Prix de Malleret, gerade mal eine gute Länge vom Sieger geschlagen. Man wird sich etwas dabei gedacht haben, sie hier für viel Geld nachzunennen und dem Rennen den Vorzug vor der Diana in Düsseldorf zu geben.
Für mich wird das Rennen eine Entscheidung zwischen dem bewährten Grand-Prix-Pferd Scalo und dem Newcomer der Saison Lucas Cranach sein. Scalo steht an der Spitze der deutschen Pferde und wenn er im Arc Geld verdienen will, muß er hier vorne sein. Lucas Cranach hat mit riesen Speed das Feld im Hansa-Preis von hinten aufgerollt und am Ende sehr leicht, fast überlegen gewonnen. Wenn er hier wieder so sprinten kann, ist er ganz vorne. Ob sich Gereon dazwischen schieben kann, ist die Frage. Ich wünsche es ihm!!
sehr schöne seite