Gewonnen wurde das Rennen von Shy Witch aus dem Besitz von Frau Karin Schwerdtfeger. Die Stute war einfach dran, in den 1000 Guineas in Düsseldorf wurde sie nur von einer starken Ausländerin geschlagen. Auf der Meile gehört sie jetzt zu den besten Stuten Deutschlands. Für die Diana hat sie kein Engagement und ob sie stehen kann, ist bei der Abstammung eh fraglich.
Karin Schwerdtfeger ist die Witwe des vor einigen Jahren im hohen Alter gestorbenen Max Schwerdtfeger. Max Schwerdtfeger war vor und nach dem Krieg trotz seiner stattlichen Größe ein erfolgreicher Amateurrennreiter. Im Krieg war er Oberst iG der 4.Kavallerie-Division und hat 1945 rund 20.000 Soldaten das Leben gerettet. Seine damalige Ordonnanz, Caspar Schuller aus Düsseldorf kann darüber sehr lebhaft berichten. Aber leider habe ich ihn bis heute nicht dafür gewinnen können, diese Geschichte einmal aufzuschreiben.
Hans-Jürgen Gröschel hat seine Pferde im Moment mehr als gut in Schuß und mit Shy Witch und Iquitos (Sieger im Preis der Badischen Wirtschaft) hat er zwei echte Grand-Prix Pferde im Stall.
Der erste Sonntag des Meetings stand im Zeichen des Hansa-Preises – und vor allem stand die Frage im Raum, ob Protektionist noch der “alte” ist. 2014 war hier sein Stern aufgegangen und über einen Sieg in Prix Kergolay ging es nach Australien, wo er als erster Deutscher den Melbourne-Cup gewonnen hat. Es war eine der besonderen Sternstunden der deutschen Vollblutzucht.
Was dann kam, ist bekannt. Er wurde vor dem Cup an eine australische Besitzergemeinschaft verkauft, blieb in Australien im Training und es funktionierte nichts mehr. Mal war er im Mittelfeld, mal hat er das Feld gnadenlos vor sich hergejagt, aber in die Geldränge war er für seinen neuen Trainer nie gelaufen. Allerdings war auch das Management sehr wunderlich. Ein Pferd, das seine großen Erfolge über Steherdistanzen gefeiert hat, wurde über die Meile aufgeboten. So, als wenn man Black Caviar in Ascot nicht in den Diamond Jubilee Stakes, sondern im Ascot Gold Cup angespannt und sich dann gewundert hätte, daß sie nicht gewinnt.
Nach einem desaströsen Abschneiden im Caulfield Cup über eigentlich passende 2400m wurde er zurück nach Europa zu Andreas Wöhler geschickt. Wenn man die Photos sieht, die damals bei seiner Ankunft in Gütersloh veröffentlicht wurden, kam er als ziemlich “armes” Pferd zurück nach Europa. Woran das auch immer gelegen haben mag. Andreas Wöhler äußerte sich in der für ihn typischen zurückhaltenden, leisen Art – und wies auch auf die bekannten gesundheitlichen Probleme seines Schützlings hin.
Protectionist bekam die Zeit, die er brauchte und zum Aufwärmen eine leichte Aufgabe auf dem Düsseldorfer Grafenberg, die er natürlich standesgemäß in einen Sieg verwandelte. In Hamburg war es die Rückkehr in seine Heimat, in die Champions League und daß er da noch zu Hause ist, hat er eindrucksvoll mit 3 1/4 Längen bewiesen. Internationale Konkurrenz war leider nicht am Start. Die Pferde in Deutschland sind einfach zu gut und die Geldpreise sind zu gering, um gute Pferde aus Frankreich oder England nach Deutschland zu locken.
Geht es jetzt wieder nach Frankreich in den Kergolay? Wenn er da auch als Sieger über die Linie geht, sollte man sich in Australien schon mal Gedanken machen. Aber bitte nicht noch einmal den gleichen Fehler machen und ihn ins Australien in Training geben. Das funktioniert mit diesem Pferd scheinbar nicht. Allerdings ist Protectionist nächstes Jahr sieben – und da sollte man bei einem Pferd seiner Klasse langsam mal nach einem Platz als Deckhengst Ausschau halten.
Wie auch immer – der Sieg von Protectionist ist ein sehr eindrucksvoller Beweis, daß Andreas Wöhler nicht einfach nur ein guter Trainer ist, sondern verdammt gut mit Pferden umgehen kann und auch solche, die auf den ersten Blick ziemlich fertig zu sein scheinen, wieder zu großer Klasse führt – es hat schon Hauch von Genie, wenn man das Auf und Ab von Protectionist sieht.