Nach der Kaiserlichen Verordnung, betreffend die Hauptmängel und Gewährfristen beim Viehhandel vom 27. März 1899 gehört der Rotz zu den Hauptmängeln beim Pferdekauf. Pferde, die von einem Hauptmangel befallen waren, konnten in festgelegten Fristen an den Verkäufer zurück gegeben werden. Ansonsten war es damals ziemlich schwierig, ein einmal geklauftzes Pferde an den Verkäufer zurück zu geben. “Gekauft wie gesehen” war damals die einvernehmliche Grundlage beim Pferdehandel. Und um den damals mit allerlei Mitteln arbeitenden Roßtäuschern nicht auf den Leim zu gehen, brauchte es einer Menge Erfahrung. Zu Beginn des 20. Jahrhundert war Rotz eine weit verbreitete Erkrankung, von der immer wieder ganze Bestände befallen waren und getötet werden mußten. Damals war das Pferd vor allem Arbeitstier und Wirtschaftsgut und der Verlust führten nicht selten zu Existenzproblemen der Besitzer.
Rotz tritt in verschiedenen Formen auf. Die häufigste Form ist ein eitriger Befall der oberen Luftwege, weswegen man auch oft erst mal eine schwere Erkältung vermutet. In Deutschland gilt die Seuche seit mit der 50er des letzten Jahrhunderts als ausgerottet.
Jetzt ist in Niedersachsen bei einem Pferd Rotz diagnostiziert worden. Das Pferd wurde von Schleswig Holstein nach Niedersachsen verkauft und der Infektionswert ist noch nicht geklärt. Keine Panik, ist der allgemeine Tenor, denn es ist ja nur ein Einzelfall und deswegen kann man noch nicht von einer Seuche sprechen. Klingt eigentlich vernünftig.
Gestern berichtet die Turf-Times, daß nach Australien für einen Zeitraum von drei Jahren keine Pferde eingeführt werden dürfen, in deren Heimatland Rotz diagnostiziert wurde.
Australien betreibt traditionell eine sehr rigide Einfuhrpolitik für Tiere, was auch dazu geführt hat, daß es eines der wenigen Länder ist, in dem die Tollwut nie aufgetreten ist.
Für die deutsche Vollblutzucht kann das schmerzliche Folgen haben, denn in DownUnder interessiert man sich sehr für Vollblut aus deutschen Landen. Mit Protectionist und Ivanhowe sind gerade erst zwei deutsche Spitzengalopper nach Australien verkauft worden.
Einerseits kann man sich freuen, die guten Pferde bleiben im Lande und wir können sie weiter in Deutschland oder Europa laufen sehen. Und auch wenn mir das selbst gefällt, ist es zu kurz gedacht. Die Vollblutzucht in Deutschland braucht den internationalen Markt als Absatzmarkt für die deutschen Pferde. Und neben den Japanern sind die Australier derzeit besonders an deutschen Pferden interessiert.
Es könnte durchaus sein, daß diese einmalige Auftreten von Rotz in einem Warmblutbestand erhebliche Auswirkungen auf die deutsche Vollblutzucht haben wird.